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Erste gemeinsame Fachtagung der Brandenburger und Berliner Sozialpartnerdialoge

- Erschienen am 26.06.2015 - Pressemitteilung 092/2015

Die erste gemeinsame Fachtagung der Brandenburger und Berliner Sozialpartnerdialoge findet heute in Berlin statt. Die Veranstaltung steht unter dem Motto „Stärkung der Tarifautonomie und der Tarif- und Sozialpartnerschaft in Berlin und Brandenburg – Bestandsaufnahme und Ausblick nach 25 Jahren Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion“. Sie wird von Brandenburgs Arbeitsministerin Diana Golze und Berlins Arbeitssenatorin Dilek Kolat eröffnet. Über 100 Expertinnen und Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden diskutieren in der Landesvertretung Brandenburg über die Entwicklung des Tarifvertragssystems und über Strategien zur Stärkung der Sozialpartnerschaft.

Die Fachtagung wird vom Arbeitsministerium des Landes Brandenburg in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen des Landes Berlin, dem Deutschen Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg (DGB) und den Unternehmensverbänden Berlin-Brandenburg (UVB) veranstaltet. Zu den Gästen gehören Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Brandenburgs Arbeitsstaatssekretärin Almuth Hartwig-Tiedt, Berlins Arbeitsstaatssekretär Boris Velter, Staatssekretär Thomas Kralinski, Bevollmächtigter des Landes Brandenburg beim Bund, Christian Hoßbach, stellvertretender DGB-Vorsitzender, und Christian Amsinck, UVB-Hauptgeschäftsführer. Die Arbeitsressorts der Länder Brandenburg und Berlin haben 2011 bzw. 2013 jeweils mit DGB und UVB Sozialpartnervereinbarungen abgeschlossen und Sozialpartnerdialoge ins Leben gerufen.

Arbeitsministerin Diana Golze sagte: „Voraussetzung für gute Arbeit ist eine funktionierende Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern und Gewerkschaften, die wir als Landesregierung unterstützen. Nur gemeinsam können wir den Arbeitsmarkt attraktiver gestalten und die Bedingungen für die Beschäftigten und für die Wirtschaft verbessern. Berlin und Brandenburg sind eine zusammenhängende und dynamische Wirtschaftsregion. Es ist wichtig, dass wir bei Fragen zur Fachkräftesicherung sowie zu Tarif- und Lohnentwicklung eng zusammenarbeiten.“

Arbeitssenatorin Dilek Kolat sagte: „Das Land Berlin führt seit der ‚Gemeinsamen Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft 2013‘ einen konstruktiven und regelmäßigen Dialog mit den Sozialpartnern. Unser gemeinsames Anliegen ist, die Tarifbindung zu stärken. Denn Beschäftigtenverhältnisse mit Tarifbindung sichern bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung. Mir ist es sehr wichtig, besonders auch für die Jugendlichen gute Rahmenbedingungen zu schaffen, sie in Ausbildungsberufe zu bekommen und ihre Arbeitsmarktchancen zu erhöhen. Wir brauchen daher wieder mehr Tarifbindung und starke Sozialpartner als Garanten für gute, sichere und gesunde Arbeit.“

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), bezeichnete die Sozialpartnerschaft in Berlin und Brandenburg als eine Erfolgsgeschichte: „Die Sozialpartnerschaft hat sich bewährt. In den Sozialpartner-Dialogen haben wir wichtige Themen bearbeitet, den Aufbau nach 1990 ebenso wie die Bewältigung der Krise 2008/2009. Auch der Dialog zu aktuellen Fragen wie dem demografischen Wandel, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der Zukunft der Arbeit ist wichtig. Wir brauchen auch in den kommenden Jahren den lebendigen Austausch der Sozialpartner. Unerlässlich ist vor allem genügend Flexibilität für die Unternehmen. Allerdings sehen wir mit Sorge die derzeitige Tendenz zu einer immer stärkeren Regulierung der Arbeitsbedingungen.“

Der stellvertretende DGB-Vorsitzende Christian Hoßbach sagte: „Wenn sich Berlin und Brandenburg wirtschaftlich gut entwickeln sollen, sind bessere Löhne, weniger unsichere Jobs und vernünftige Arbeitsbedingungen notwendig. Das alles geht nur mit stärkerer Tarifbindung. Wir wollen die gemeinsamen Aktivitäten über die Sozialpartnerdialoge nutzen, den Wert verbindlich geregelter Arbeitsbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte noch besser herauszustellen. Das Modell Billiglohnkonkurrenz gehört auf den Misthaufen der Geschichte.“

Vor 25 Jahren, am 1. Juli 1990, trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland in Kraft. Damit wurde die Soziale Marktwirtschaft in der DDR eingeführt. Ein Grundprinzip der Sozialen Marktwirtschaft ist die Tarifautonomie, das Recht von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, über ihre jeweiligen Verbände die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung ohne staatlichen Eingriff zu regeln. Das Modell der Sozialpartnerschaft, also die kooperative und weitgehend autonome Gestaltung der Arbeitsbedingungen durch Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, zeichnet die Soziale Marktwirtschaft aus.

Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) arbeiteten im Jahr 2014 etwa 53 Prozent der westdeutschen und 36 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten in Betrieben, die branchentarifgebunden waren. Im Jahr 2004 galt noch für 61 Prozent der westdeutschen und für 42 Prozent der ostdeutschen Beschäftigten ein Branchentarifvertrag, im Jahr 1996 lag der Anteil sogar bei 70 Prozent im Westen und 56 Prozent im Osten. Firmenverträge galten im Jahr 2014 für sieben Prozent der westdeutschen und rund elf Prozent der ostdeutschen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Für 40 Prozent der Beschäftigten im Westen und 54 Prozent im Osten gab es 2014 keinen Tarifvertrag.

Golze betonte: „Die Tarifbindung in Deutschland geht zurück. Gerade in Ostdeutschland befindet sie sich auf einem sehr niedrigen Niveau. Diesen Trend müssen wir unbedingt stoppen. Die mangelnde Tarifbindung wirkt sich besonders negativ auf das Lohnniveau aus. Tarifverträge, ausgehandelt von starken Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden, sind die Grundlage für gute Arbeit, anständige Bezahlung sowie sichere und attraktive Arbeitsplätze. Tarifgebundene Unternehmen haben weniger Probleme, Fachkräfte zu halten und zu gewinnen.“

Das Arbeitsministerium des Landes Brandenburg, die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg e.V. (UVB) und der Deutschen Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg (DGB), haben am 31. Mai 2011 eine Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft im Land Brandenburg verabschiedet. Der Brandenburger Sozialpartnerdialog wurde im November 2011 gegründet. An ihm beteiligen sich unter der Moderation des Arbeitsministeriums die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), der DGB Berlin-Brandenburg sowie Einzelverbände und -gewerkschaften aus Metall- und Elektroindustrie, Baugewerbe, Chemie, Handel sowie Hotel- und Gaststättengewerbe und das Wirtschaftsministerium. Gemeinsam werden Themen wie die Stärkung der Tarifbindung und die Fachkräftesicherung mit Initiativen wie der Brandenburger Sozialpartnerrichtlinie bearbeitet.

Nach dem Vorbild entsprechender Sozialpartnererklärungen in anderen Bundesländern ist am 22. Mai 2013 auch in Berlin von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen mit DGB und UVB eine Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft unterzeichnet worden. Diese geht thematisch über die Sozialpartnervereinbarungen der anderen Länder hinaus und beinhaltet neben unmittelbar auf die Sozialpartnerschaft bezogenen Themen wie z.B. dem Bekenntnis zur Tarifautonomie und dem Vorhaben, für eine vermehrte Mitgliedschaft bei den Sozialpartnern zu werben, auch Themenstellungen wie Gute Arbeit, Nichtdiskriminierung, Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern, die Verbesserung der Situation von Menschen mit Migrationshintergrund und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. An den regelmäßig stattfindenden Sozialpartnerdialogen sind neben den Abschlusspartnern auch immer Sozialpartner der einzelnen Branchen beteiligt.

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Ident-Nr
092/2015
Datum
26.06.2015
Rubrik
Soziales