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Arbeitsministerin Karawanskij: Langzeitarbeitslosen neue Perspektiven geben

Ergebnisse der Studie „Einfacharbeit in Brandenburg – Beschäftigungspotenziale zur Integration von Langzeitarbeitslosen?“

- Erschienen am 21.02.2019 - Pressemitteilung 026/2019

Auch Langzeitarbeitslose profitieren inzwischen vom Aufschwung am Arbeitsmarkt. Das belegen aktuelle Entwicklungen. So betrug im Januar 2019 ihr Anteil an allen Arbeitslosen in Brandenburg 36 Prozent, in den Jahren zuvor waren es bis zu 45 Prozent. Dennoch sieht Arbeitsministerin Susanna Karawanskij keinen Grund zur Entwarnung. „Der Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit ist auch angesichts des Fach- und Arbeitskräftemangels ein Schwerpunkt der Brandenburger Arbeitspolitik“, so die Ministerin zu den Ergebnissen einer Studie des Instituts für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (Halle), die sie heute gemeinsam mit den Autoren in Potsdam vorstellte. „Zudem kann damit auch ein Stückweit Armut und Einsamkeit in der Gesellschaft verringert werden.“

Im Auftrag des Arbeitsministeriums hat das isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung (Halle) untersucht, welche Beschäftigungspotenziale Einfacharbeit Langzeitarbeitslosen bietet. Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder mit nur geringen beruflichen Qualifikationen tragen ein besonders hohes Risiko, lange arbeitslos zu sein. Für sie könne Einfacharbeit – das sind Tätigkeiten, die keine einschlägige Berufsausbildung und eine vergleichsweise kurze Einarbeitung erfordern – die Chancen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt verbessern.

Arbeitsministerin Susanna Karawanskij: „Aktuell waren im Januar in Brandenburg 31.524 Menschen langzeitarbeitslos. Weiß man, dass es 2013 noch rund 55.000 betraf, ist das ein richtiger Erfolg. Dazu beigetragen haben unsere Landesförderprogramme ‚Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose‘ sowie für Sozialbetriebe. Aber es gibt immer noch sehr viele Langzeitarbeitslose, die zusätzliche Unterstützungsangebote benötigen. Wir wollen diesen Menschen, die bereits sehr lange unter den Folgen der Arbeitslosigkeit leiden, eine neue Perspektive zeigen. Arbeitsplätze mit einfachen Tätigkeiten bieten dabei einen idealen Wiedereinstieg in das Berufsleben. Und wir müssen im Sinne der Fachkräftesicherung weiterdenken. Nach dem Einstieg braucht es auch eine Kultur des Aufstiegs. Dafür müssen Arbeitgeber noch viel stärker in die Weiterbildung und Qualifizierung von eingestellten Helferinnen und Helfern investieren, damit diese sich Schritt für Schritt zur Fachkraft entwickeln können.“

Die Bedeutung von Einfacharbeit für den Brandenburger Arbeitsmarkt hat zugenommen. Zum Jahresende 2016 gab es insgesamt rund 168.000 Beschäftigte (davon 51,6 Prozent Frauen), die in Einfacharbeit tätig waren – zwölf Prozent bzw. rund 18.000 Stellen mehr als im Jahr 2012. Das waren 18,4 Prozent aller Beschäftigten. Das liegt knapp unter dem Bundesdurchschnitt (18,9 Prozent), aber deutlich über dem Mittelwert Ostdeutschlands (16,6 Prozent).

Die meisten Beschäftigten mit Helferstellen finden sich in Berufsgruppen wie Lagerwirtschaft, Post/Zustellung, Reinigung, Altenpflege, Speisenzubereitung sowie Verkauf.

Rund 80 Prozent der im Helfersegment Beschäftigten verfügt über einen anerkannten Berufsabschluss, 3 Prozent sogar über einen akademischen Abschluss.

Gerald Wagner vom isw Institut für Strukturpolitik und Wirtschaftsförderung gGmbH erklärte zur Studie: „Geringqualifizierte werden auch in Zukunft ein hohes Arbeitslosigkeitsrisiko tragen, da die Anforderungen an qualifizierte Fachkräfte wachsen und im Bereich der Helfer-Tätigkeiten die Nachfrage nach Stellen das vorhandene Angebot übersteigt. Deshalb muss alles dafür getan werden, diese Menschen zu qualifizieren. Das ist von großer Bedeutung. Die Studie zeigt, dass Einfacharbeit dafür Potentiale bieten kann. Aber die meisten Betriebe fördern den beruflichen Aufstieg der bei ihnen beschäftigten Helferinnen und Helfer noch nicht aktiv oder systematisch. Hier muss ein Umdenken stattfinden. Dann könnten Einfach-Arbeitsplätze als „Einstiegspforte“ in den Arbeitsmarkt noch mehr dazu beitragen, die Langzeitarbeitslosigkeit nachhaltig zu reduzieren.“

Die Studie führt u.a. folgende Handlungsoptionen auf:

  • Arbeitsmarkteintritte von jungen Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung vermeiden,
  • individualisierte Förderansätze für Langzeitarbeitslose, die sowohl die Voraussetzungen und Defizite von Bewerber/innen als auch die unterschiedlichen Anforderungen für spezifische berufliche Tätigkeiten im Segment Einfacharbeit in ihren Unterstützungsangeboten berücksichtigen,
  • Sensibilisierungsmaßnahmen bei Einfacharbeiter/innen und Arbeitgebern für das Thema „Aufstiegsmobilität“ sowie
  • Förderung von modellhaften Lösungsansätzen zur Unterstützung der Aufstiegsmobilität von Helfer/innen in besonders geeigneten Arbeitsmarktsegmenten.

Förderprogramm Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose

Für das Landes-Förderprogramm „Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose und Familienbedarfsgemeinschaften“ stehen im gesamten Förderzeitraum von August 2015 bis Juli 2020 rund 40 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung. Die „Integrationsbegleitung“ ist damit das größte Förderprogramm des Arbeitsministeriums in der aktuellen ESF-Förderperiode.

Langzeitarbeitslose, die besonders große Schwierigkeiten haben, auf den Arbeitsmarkt zurückzukehren, werden mithilfe von Integrationsbegleiterinnen und Integrationsbegleitern sowie durch individuell passende Unterstützungsangebote Schritt für Schritt wieder an Erwerbsarbeit herangeführt. Um die Hilfe so individuell wie möglich gestalten zu können, werden nicht mehr als 20 Teilnehmende gleichzeitig betreut. Besonderes Augenmerk wird bei der Begleitung auch auf die Situation der Kinder in den betreffenden Familien gelegt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können bis zu zwei Jahre in einem Projekt betreut werden.

In den ersten zweieinhalb Jahren wurden rund 3.700 Personen durch das Förderprogramm unterstützt, davon waren 64 Prozent Frauen. Insgesamt schafften rund 34 Prozent den Übergang in eine Erwerbstätigkeit oder in eine berufliche Bildung. Mit der zweiten Förder-Runde starteten im Februar 2018 landesweit 38 Integrationsbegleitungs-Projekte, die vor Ort zum Beispiel von Bildungsträgern oder Jobcentern umgesetzt werden.

Stephan Hahn, Regionalleiter Brandenburg der Nestor Bildungsinstitut GmbH, sagte zur Integration von Langzeitarbeitslosen: „Als Bildungsträger vor Ort setzen wir u.a. in Eisenhüttenstadt und Oranienburg das Förderprogramm erfolgreich um. Dabei ist die Vermittlung in Einfacharbeit der größte Erfolgsgarant. Unser Ansatz konnte helfen, bei vielen Teilnehmenden die Langzeitarbeitslosigkeit zu beenden. Jeder Teilnehmende bekommt durch uns ein Angebot für einen individualisierten Mix aus Einzel- und Gruppenmodulen. Es erfolgt eine enge Abstimmung mit den Partnern in den Jobcentern vor Ort und wir kennen die Anforderungen des regionalen Arbeitsmarktes. Ausschlaggebend ist die gute Arbeit der multiprofessionellen Teams aus Integrationsbegleitern und verschiedenen Coaches für die jeweiligen Basis- und Unterstützungsmodule an unseren Standorten. Im nächsten Schritt gilt es die Möglichkeit zu nutzen, den Fachkräftebedarf durch Aufstiegsmobilität verbunden mit passgenauen Qualifizierungen und Weiterbildungen innerhalb der Unternehmen zumindest anteilig zu decken. Dafür bieten die Förderangebote im Rahmen des neuen Teilhabechancen-Gesetzes bessere Möglichkeiten, auch um die Vorbehalte gegenüber Langzeitarbeitslosen auf Arbeitgeberseite abbauen zu können.“

Neues Teilhabechancen-Gesetz – Was bedeutet das für Einfacharbeit?

Seit Anfang des Jahres 2019 stehen mit dem Teilhabechancen-Gesetz des Bundes neue Unterstützungsangebote für Langzeitarbeitslose zur Verfügung.

Arbeitsministerin Karawanskij sagte dazu: „Es wurde höchste Zeit, dass der Bund sich im Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit stärker engagiert. Das Teilhabechancen-Gesetz bietet die Möglichkeit, auch besonders arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose über einen längeren Zeitraum schrittweise und nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Helferstellen können dabei einen geeigneten Berufseinstieg ermöglichen. Brandenburg wird diesen Integrationsprozess über die Landesförderung Integrationsbegleitung unterstützen, indem die für eine Förderung nach dem Bundesgesetz in Frage kommenden Arbeitslosen durch Projekte der Integrationsbegleitung im Vorfeld intensiv auf die Beschäftigungsaufnahme vorbereitet werden.“

So erhalten zum Beispiel mit der Neufassung des § 16e SGB II „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ Arbeitgeber nun auch Zuschüsse zum Arbeitsentgelt, wenn sie erwerbsfähige leistungsberechtigte Personen, die zuvor mindestens zwei Jahre arbeitslos waren, mindestens zwei Jahre lang beschäftigen. Zudem wird die geförderte Person je nach Bedarf durch ein ganzheitliches beschäftigungsbegleitendes Coaching aktiv begleitet und unterstützt.