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Vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung in vier Brandenburger Kliniken ab sofort möglich

- Erschienen am 11.12.2014 - Pressemitteilung 113/2014

In Brandenburg werden Opfer von Vergewaltigungen zusätzlich unterstützt. Neben der medizinischen Soforthilfe erhalten erwachsene Vergewaltigungsopfer ab sofort die Möglichkeit der vertraulichen Spurensicherung, wenn sie zunächst keine Anzeige bei der Polizei erstatten möchten. Das gewonnene Spurenmaterial wird anonymisiert und sicher aufbewahrt. Erst wenn das Opfer eine Anzeige bei der Polizei erstattet, wird es als Beweismaterial herausgegeben. Die vertrauliche Spurensicherung wird in vier Brandenburger Kliniken angeboten: im Klinikum Frankfurt (Oder), in den Ruppiner Kliniken Neuruppin, im Carl-Thiem-Klinikum Cottbus und im Ernst von Bergmann Klinikum Potsdam.

Das neue Programm „Vergewaltigt – was nun? Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung“ stellte Frauenministerin Diana Golze heute in Potsdam gemeinsam mit Dr. Christiane Richter-Ehrenstein, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Klinikum Frankfurt (Oder), Dr. Andrzej Popiela, Chefarzt der Frauenklinik des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus, Dr. Bernd Christensen, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe der Ruppiner Kliniken Neuruppin, Dr. Bernd Köhler, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe des Ernst von Bergmann Klinikums Potsdam, sowie Rosmarie Priet, Leiterin der Opferberatungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e.V., vor.

Ministerin Golze sagte: „Menschen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, stehen unter enormem psychischen Druck. Kommen die Täter aus der eigenen Familie oder dem Freundeskreis, braucht das Opfer besonderen Schutz. Die Angst, dem Täter nach einer Anzeige schutzlos ausgeliefert zu sein, ist dann so groß, dass sich viele vor einer Strafanzeige scheuen. In solchen Fällen ist die vertrauliche Spurensicherung eine große Hilfe. Beweismaterial, das sonst verloren ginge, wird gerichtsverwertbar und absolut vertraulich gesichert. Die Polizei erfährt davon erst, wenn sich das Opfer dazu entscheidet, den Täter anzuzeigen. Das nimmt den Betroffenen etwas Druck, denn so haben sie Zeit, in Ruhe eine Entscheidung zu treffen. Sie bekommen dadurch ein Stück der Entscheidungsgewalt zurück, die ihnen durch die abscheuliche Tat genommen wurde.“

Fast alle Bundesländer haben mittlerweile ein vergleichbares Angebot für vertrauliche oder anonymisierte Spurensicherung aufgebaut oder sind dabei, es aufzubauen. Die bisherigen Erfahrungen anderer Länder zeigen, dass 20 bis 50 Prozent des gesicherten Spurenmaterials (zum Beispiel Spermaspuren, Verletzungen, blaue Flecke) später für eine Anzeige abgefordert werden.

Die Ministerin betonte: „Ganz wichtig ist, das Vergewaltigungsopfer sich auf jeden Fall medizinisch untersuchen lassen, auch wenn sie keine Spurensicherung wünschen. Eine Vergewaltigung kann körperliche und seelische Schäden nach sich ziehen. Deshalb sollte immer ein Arzt aufgesucht werden.“

Wenn ein Opfer in eine der vier Kliniken kommt und zum Beispiel mit dem Satz „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einer Gynäkologin“ diskret darauf aufmerksam macht, dass eine Vergewaltigung stattgefunden hat, wird es unverzüglich zu der entsprechenden Station weitergeleitet. Dort soll in ruhiger Atmosphäre das weitere Vorgehen mit der Ärztin oder dem Arzt beraten werden. Auf Wunsch wird auch der Kontakt zu Opferunterstützungseinrichtungen vermittelt.

Der ärztliche Untersuchungsbericht mit den Daten verbleibt im Krankenhaus. Die gesicherten Spuren werden anonymisiert an einem sicheren Ort bis zu drei Jahre gelagert. Vor Ablauf dieser drei Jahre kann die Frist auf Antrag verlängert werden. Wenn das Opfer sich zu einem späteren Zeitpunkt für eine Strafanzeige entscheidet, sollte es die Polizei auf die vertrauliche Spurensicherung hinweisen. Die Polizei kümmert sich dann um die weiteren notwendigen Schritte.

Nach Angaben der Frauenorganisation „Terre des Femmes“ haben 13 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen seit dem 16. Lebensjahr strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt. Dazu gehören Vergewaltigung, versuchte Vergewaltigung oder unterschiedliche Formen von sexueller Nötigung. Jährlich werden circa 8.000 Vergewaltigungen in Deutschland angezeigt. Laut „Terre des Femmes“ werden in Deutschland nur fünf Prozent der Sexualstraftaten bei der Polizei angezeigt.

Informationen zur medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung gibt es in den vier Kliniken in Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin und Potsdam, bei niedergelassenen Ärzten sowie bei allen Opferberatungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e.V. (Kontaktdaten unter www.opferhilfe-brandenburg.de).

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Ident-Nr
113/2014
Datum
11.12.2014
Rubrik
Familie , Frauen und Gleichstellung , Gesundheit