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„In die Mitte unserer Gesellschaft!“ - Landesbehindertenbeauftragte Janny Armbruster zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember

- Erschienen am 02.12.2020 - Pressemitteilung 612/2020

Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung (3. Dezember) ruft Brandenburgs Landesbehindertenbeauftragte Janny Armbruster zu mehr Solidarität und Achtsamkeit auf: „Die Corona-Pandemie und die notwendigen Eindämmungsmaßnahmen sind für uns alle eine außergewöhnliche und belastende Situation. Viele sorgen sich um ihre Gesundheit und finanzielle Lage, haben Angst um ihren Arbeitsplatz oder leiden unter Einsamkeit. Das betrifft Menschen mit Behinderung besonders oft. Ihre Belange dürfen jetzt in der Krise nicht aus dem Blick geraten. Ich habe große Sorge, dass die Krise uns auf dem Weg hin zu einer gleichberechtigten Teilhabe zurückwirft.“

Landesbehindertenbeauftragte Armbruster weiter: „Hart getroffen hat es Menschen, die während des ersten Lockdowns im Frühjahr in Pflegeeinrichtungen lebten und über Wochen keine Besuche ihrer Angehörigen empfangen durften. Darunter haben sie sehr gelitten. Es ist gut, dass Besuche unter Auflagen jetzt in der zweiten Welle grundsätzlich möglich sind. Nochmals appelliere ich trotz anhaltend hoher Infektionszahlen an die Einrichtungsträger, weiterhin Besuche zu ermöglichen.“

Auch die Maskenpflicht sei für manche Menschen mit Behinderungen ein großes Problem, beispielsweise für Gehörlose, die von den Lippen ihres Gegenüber lesen. „Ein ärztliches Attest kann zwar von der Maskenpflicht befreien, doch werden gerade diese Menschen in der Öffentlichkeit oft diskriminiert. Das geschieht vor allem auch, weil sie damit so genannten Maskenverweigerern gleichgesetzt werden. Damit diese Betroffenen nicht stigmatisiert und dennoch in Geschäften einkaufen dürfen und ihre ‚Ausnahme‘ akzeptiert wird, gebietet es auch hier mit Augenmaß und Rücksichtnahme zu agieren. Alle müssen Verständnis zeigen, dass es in unserer Gesellschaft einige Personen gibt, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen einfach nicht möglich oder unzumutbar ist. Wenn sie das mit einem ärztlichen Zeugnis nachweisen können, dann müssen sie auch ohne Einschränkungen in Geschäften einkaufen gehen können“, betont Armbruster.

Auch die Wirtschaft müsse sich solidarisch zeigen. „Bei den notwendigen finanziellen Unterstützungen der Bundesregierung für betroffene Betriebe muss es auch eine soziale Nachhaltigkeit geben. Gerade in dieser Krise brauchen wir Initiativen, die mehr Menschen mit Behinderungen die Chance für den ersten Arbeitsmarkt eröffnen. Es müssen gerade in der Krise mehr Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden. Eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt ist für die Teilhabe von so großer Bedeutung. Wenn es uns gemeinsam gelingt, mehr Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu platzieren, wenn sie zu Kollegen*innen werden, zeigen können, wozu sie in der Lage sind, was sie leisten können, dann holen wir sie in die Mitte unserer Gesellschaft“, so Armbruster.

In Deutschland müssen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen wenigstens fünf Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten oder ihnen gleichgestellten Menschen besetzen. Wer diese Quote nicht erfüllt, muss für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine monatliche Ausgleichsabgabe zahlen. Mit dem Geld werden wiederum Betriebe bei der Schaffung von Arbeitsplätzen für Menschen mit Behinderung unterstützt.

Landesbehindertenbeauftragte Armbruster: „Von den rund 4.700 Arbeitgeber*innen im Land Brandenburg, die mehr als 20 Beschäftigte haben, erfüllen nur etwa 1.000 mehr diese Quote. 3.700 Arbeitgeber*innen zahlen lieber die Ausgleichsabgabe anstatt solidarisch mit den arbeitssuchenden Menschen mit Behinderungen zu sein. Das muss sich dringend ändern! Es gibt gute Beispiel im Land Brandenburg, die zeigen, dass Inklusion sich für alle lohnt. Zum Beispiel die BEFA Fahrzeugbau GmbH in Bad Belzig. Das kleine mittelständische Unternehmen mit 25 Mitarbeiter*innen beschäftigt einen schwerbehinderten Kollegen und bildet zugleich auch einen schwerbehinderten jungen Mann aus. Für dieses Engagement wurde es jetzt mit dem Ausbildungspreis 2020 ausgezeichnet.“

Hintergrund

In Brandenburg leben rund 508.000 Menschen mit festgestellten Behinderungen, darunter sind 335.000 mit einer Schwerbehinderung.

Der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung – jedes Jahr am 3. Dezember – wurde von den Vereinten Nationen (UN) ausgerufen, zum ersten Mal im Jahr 1993. Der Aktionstag soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Probleme von Menschen mit Behinderung wachhalten und den Einsatz für die Würde, Rechte und das Wohlergehen dieser Menschen fördern. Weltweit machen Menschen in zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen an diesem Tag auf die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihre Situation in der Gesellschaft aufmerksam.