Afrikanische Schweinepest in den zuerst betroffenen Gebieten erfolgreich getilgt
Sperrzone II im Landkreis Dahme-Spreewald und in großen Teilen des Kreises Oder-Spree aufgehoben – Beschränkungen für Schweinehalter und Jäger entfallen dort – Weitere Aufhebungen geplant
- Erschienen am - PresemitteilungGroßer Erfolg bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg: In den von der ASP beim Schwarzwild zuerst betroffenen Gebieten in den Landkreisen Oder-Spree und Dahme-Spreewald können Teile der sogenannten Sperrzone II (infiziertes Gebiet) aufgehoben und die angrenzende Sperrzone I verkleinert werden. Das betrifft ein ca. 1.300 Quadratkilometer großes Gebiet. Die EU-Kommission hat einen entsprechenden Antrag des Landes Brandenburg gebilligt. Der Ständige Veterinärausschuss der EU, in dem alle Mitgliedsstaaten vertreten sind, hat dem Antrag Brandenburgs ebenfalls zugestimmt.
Die geänderte Durchführungsverordnung (EU) mit besonderen Maßnahmen zur Bekämpfung der Afrikanische Schweinepest ist im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet und trat am 20. Juli 2023 in Kraft. Damit gilt in diesen Gebieten die ASP offiziell als getilgt. Beschränkungen für Schweinehalter:innen und Jäger:innen können dort aufgehoben werden; das bedeutet insbesondere: keine Beschränkungen mehr für das innerstaatliche Verbringen von Schweinen, und die Möglichkeit der innerstaatlichen Vermarktung von Fleisch erlegter Wildschweine nach negativem Untersuchungsergebnis. In dem aufgehobenen Teil der Sperrzone II in den Kreisen Oder-Spree und Dahme-Spreewald befinden sich 37 Schweinehaltungen mit insgesamt rund 10.000 Schweinen.
Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher: „Zum ersten Mal konnte in Europa nach einem Flächeneintrag durch Einwanderung von infizierten Wildschweinen in einem Gebiet die Afrikanische Schweinepest vollständig getilgt werden. Das zeigt: Unsere Seuchenbekämpfungsmaßnahmen sind erfolgreich. Die Europäische Kommission hat mit der Aufhebung der bisherigen Sperrmaßnahmen auch das brandenburgische Bekämpfungskonzept als wirksam anerkannt. Wir werden unsere Landesstrategie bis zur endgültigen Tilgung dieser Tierseuche auch in den anderen Landesteilen fortführen.“
Ministerin Nonnemacher weiter: „Besonders für die Schweinehalter ist das eine große Erleichterung und eine sehr gute Nachricht. Dieser Erfolg hat viele Mütter und Väter. Ich danke vor allem den Veterinärämtern in den Kreisen für die konsequente Umsetzung der Landesstrategie, dem Landeslabor für die umfangreiche und stets zuverlässige Diagnostik, dem Tierseuchenbekämpfungsdienst des Landes für die fachliche Unterstützung der Landkreise, der obersten Jagdbehörde für die interdisziplinäre Zusammenarbeit, den Jägern, den Landwirten, der Bundeswehr, der Hubschrauberstaffel der Landespolizei und den unzähligen Freiwilligen, die aktiv und mit großem Engagement die Bekämpfungsmaßnahmen unterstützt haben. Die Verkleinerung der Sperrzonen war nur gemeinsam und in enger Zusammenarbeit mit dem Bund möglich. Das Bundeslandwirtschaftsministerium und das Friedrich-Loeffler-Institut haben hierbei unsere Anliegen gegenüber der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten vertreten. Für diese tatkräftige Unterstützung bedanken wir uns.“
Darüber hinaus kann in dem Gebiet der jetzt aufgehobenen Sperrzone II mit dem Rückbau der ASP-Zäune begonnen werden. Zur Verhinderung eines sprunghaften Anstieges der Wildschweinpopulation werden derzeit die errichteten Barrieren nur teilweise abgebaut. Die Amtstierärzte mit ihren Vor-Ort-Kenntnissen legen die Reihenfolge fest. Grundsätzlich wird mit dem Rückbau der sogenannten Segmentzäune begonnen. Die Seuchensituation wird auch in diesem Gebiet weiter intensiv beobachtet. Zu diesem Zweck finden risikoorientierte Fallwildsuchen statt. Alle tot aufgefundenen und erlegten Wildschweine werden weiterhin auf ASP untersucht.
Ministerin Nonnemacher betont: „Trotz dieser positiven Entwicklung muss dennoch jederzeit mit neuen Fällen der Afrikanischen Schweinepest beim Schwarzwild gerechnet werden. Vor allem beschädigte, entwendete oder nicht geschlossene Tore in den ASP-Schutzzäunen sind die Ursache dafür. Jeder neue ASP-Fund beim Schwarzwild in den nun aufgehobenen Gebieten würde zur Wiedereinrichtung von Restriktionszonen und zum Neubeginn der Bekämpfungsmaßnahmen führen. Ich bitte deshalb alle Bürgerinnen und Bürger eindringlich, die Tore nach dem Passieren der ASP-Schutzzäune wieder zu schließen. Die Erfolge im Kampf gegen die Seuche dürfen nicht gefährdet werden.“
Rolf Lindemann, Landrat des Landkreises Oder-Spree: „Diese Aufhebung bedeutet für 93 Gemeinden in der Sperrzone II und 24 Gemeinden in der Sperrzone I auf einer Fläche von ca. 1.300 Quadratkilometern – das entspricht der Hälfte des Landkreises – sehr deutlich spürbare Erleichterungen durch die weitgehende Rücknahme von Anordnungen zur ASP Bekämpfung. Hervorzuheben sind der enge Austausch zwischen der Kreis- und der Landesebene und der überall zu verspürende Teamgeist, der diesen gewaltigen Erfolg ermöglicht hat. Die gewaltige Kraftanstrengung, die für die betroffenen Landkreise hier zu leisten war, wird deutlich, wenn man die dafür aufgebotenen Personalressourcen und die haushaltswirtschaftlichen Aufwendungen in den Blick nimmt. Wir hatten allein im Landkreis Oder-Spree phasenweise bis zu 300 Personen gleichzeitig im Einsatz, um die Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Tierseuche zu stemmen. Glücklicherweise wurde unsere Veterinärverwaltung dabei von ganz vielen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Kräften unterstützt - von der Bundeswehr, über Hundestaffeln, von den örtlichen Feuerwehren, dem THW, den Jägern und den Forstbediensteten, den Landwirten, Firmen zum Bau von Zäunen, zur Bergung von Fallwild, zum Fallenfang, den aufgaben-mäßig berührten Fachämtern der Kreisverwaltung und last but not least von den aus allen Verwaltungsbereichen abgeordneten Mitarbeitern. Im Zusammenwirken wurde hier Hervorragendes geleistet, insbesondere, wenn man sich vor Augen hält, dass parallel die Corona-Pandemie zu bewältigen war.“
Stephan Loge, Landrat des Landkreises Dahme-Spreewald: „Durch eine gute Vorbereitung lange vor dem Seucheneintritt, durch intensive und wirkungsvolle Bekämpfungsmaßnahmen mit einer schnellen Ab- und Eingrenzung der Afrikanischen Schweinepest ist es im Landkreis Dahme-Spreewald gelungen, in einer Rekordzeit von nur wenigen Monaten alle an ASP verendeten Wildschweine zu finden und zu bergen. Mit Unterstützung der Jägerschaft und der Landwirte, vieler Behördenmitarbeiter meiner Kreisverwaltung und Dritter, aber auch durch Unterstützung und mit dem Verständnis der Bürgerinnen und Bürger in den Restriktionsgebieten vor Ort, ist diese Mammutaufgabe neben der Corona-Pandemie bewältigt worden. Dafür danke ich allen Akteuren, die direkt oder indirekt zu diesem Erfolg beigetragen haben.“
In den jetzt aufgehobenen Teilen der Sperrzone II auf dem Gebiet der Kreise Oder-Spree und Dahme-Spreewald wurde zuletzt am 29. Oktober 2021 ein ASP-Fall beim Schwarzwild festgestellt. Danach ist in diesem Gebiet seit mehr als 19 Monaten kein ASP-Fall mehr aufgetreten. Zu keinem Zeitpunkt wurde in diesem Gebiet ASP bei Hausschweinen festgestellt. Damit sind grundsätzliche Voraussetzungen für die Aufhebung der Sperrzone II durch die EU-Kommission erfüllt. Die ehemaligen infizierten Gebiete (Kerngebiete 1 und 3) und die umgebenden Weißen Zonen sind nahezu wildschweinfrei. Die erneute Einwanderung infizierter Wildschweine wird durch die Barriere des Schutzkorridors zu Polen sowie die Aufrechterhaltung der bestehenden Weißen Zonen nördlich und südlich sowie die günstige Seuchenlage in den angrenzenden Sperrzonen verhindert.
[Grafik 1: Verlauf der Fallzahlen]
Mit der Änderung der EU-Verordnung betrifft die Sperrzone II in Brandenburg aktuell noch die Landkreise Spree-Neiße, Märkisch-Oderland, Barnim, Uckermark, Oberspreewald-Lausitz, Prignitz und die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder), sowie den Nordosten des Landkreises Oder-Spree. (Details siehe Durchführungsverordnung (EU) 2023/1485)
Das Brandenburger Verbraucherschutzministerium plant, noch in diesem Jahr die Aufhebung weiterer Teile der Sperrzone II bei der EU-Kommission zu beantragen.
[Grafik 2: Gebietskulisse vor der Anpassung und aktuell]
Hintergrund
Die Afrikanische Schweinepest ist eine ansteckende Viruserkrankung, die gehaltene Schweine und Wildschweine befällt und schwerwiegende Auswirkungen auf die betroffene Tierpopulation sowie die Rentabilität der Landwirtschaft haben kann, was zu Störungen bei Verbringungen von Sendungen dieser Tiere und daraus gewonnenen Erzeugnissen innerhalb Deutschlands bzw. der Europäischen Union sowie bei Ausfuhren in Drittländer führen kann.
Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände (Kleidung, Schuhe, Fahrzeuge) und Futter in andere Gebiete durch den Menschen übertragen werden. Für den Menschen und andere Tierarten ist die ASP nicht ansteckend oder gefährlich.
Der erste ASP-Ausbruch beim Schwarzwild in Deutschland ist im Land Brandenburg am 10. September 2020 amtlich festgestellt worden.
Seit September 2020 wurde die ASP aus Westpolen über einwandernde Wildschweine auf der gesamten Länge der polnisch-brandenburgischen Grenze in das Land Brandenburg eingetragen. Daraus resultierten bisher elf Kerngebiete (KG); sieben dieser Kerngebiete (KG 1, 2, 3, 4, 5, 7 und 9) konnten bereits aufgehoben werden. Die vier noch bestehenden Kerngebiete (KG 6, 8, 10 und 11) im Land Brandenburg betreffen die Kreise Spree-Neiße, Oberspreewald-Lausitz und Uckermark.
[Grafik 3: Gesamtlage in Brandenburg, Stand: 11.07.2023]
Zur Verhinderung der weiteren Einwanderung von infizierten Wildschweinen aus Polen wurde ein Schutzkorridor entlang der deutsch-polnischen Grenze auf brandenburgischem Territorium errichtet. Der Schutzkorridor besteht aus zwei Festzäunen und ist ca. 260 Kilometer lang. Die Barrierewirkung des Schutzkorridors muss auch weiterhin vollständig aufrechterhalten bleiben. Ein Rückbau ist hier nicht möglich.
Insgesamt wurden im Land Brandenburg bisher ca. 2.150 Kilometer Festzaun errichtet, davon ca. 1.600 Kilometer zur Eingrenzung der Kerngebiete und Weißen Zonen sowie entlang der Landesgrenze zu Sachsen.
Im Landkreis Spree-Neiße besteht eine besondere Situation mit zusätzlichem Infektionsdruck aus südlicher Richtung (Sachsen), so dass hier die Eingrenzung der Seuche derzeit Schwerpunkt ist. Der Fokus liegt hier vor allem darauf, eine Ausbreitung der Tierseuche in Richtung Westen und Norden zu verhindern.
In Brandenburg wurden bislang bei insgesamt 3.176 Wildschweinen und 5 Fällen bei gehaltenen Schweinen die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen.
Für die Bekämpfungsmaßnahmen der Afrikanischen Schweinepest beim Schwarzwild hat das Land Brandenburg den Kreisen bereits Kosten in Höhe von rund 104 Millionen Euro erstattet.
Mehr Informationen: https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/themen/verbraucherschutz/veterinaerwesen/tierseuchen/afrikanische-schweinepest/