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Ein Jahr Afrikanische Schweinepest in Brandenburg: Seuche und Folgen von nationaler Tragweite

Maßnahmen zeigen Wirkung – Appell an Bund

- Erschienen am 10.09.2021 - Pressemitteilung 502/2021
Pressekonferenz 1 Jahr ASP

Der erste Fall von Afrikanischer Schweinepest (ASP) in Deutschland wurde vor einem Jahr am 10. September 2020 bei einem Wildschwein-Kadaver im Landkreis Spree-Neiße amtlich festgestellt. Seitdem ist vor allem das Land Brandenburg das Bollwerk gegen eine weitere Ausbreitung der ASP nach Westen. Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher sagte heute in Potsdam: „Brandenburg stemmt sich gegen einen wachsenden Seuchendruck aus Polen. Unter diesen Bedingungen ist es innerhalb der vergangenen zwölf Monate erfolgreich gelungen, die ASP im Osten des Landes zu halten und eine Ausbreitung Richtung Westen zu verhindern. Unzählige Helferinnen und Helfer haben in Zusammenarbeit mit den Kommunen und unter Koordination des Landeskrisenzentrums Großartiges geleistet.“

Innerhalb eines Jahres wurden sieben Kerngebiete in den grenznahen Landkreisen ausgewiesen und umzäunt. Es entstanden vier doppelt umzäunte Weiße Zonen, Korridore mit einer Breite von bis zu fünf Kilometern, in denen die Wildschweine über Lebendfallen und jagdliche Maßnahmen nahezu vollständig entnommen werden. Bislang wurden 163 Lebendfallen in den ASP-Gebieten aufgestellt.

Verbraucherschutzministerin Ursula Nonnemacher: „Als Land kommen wir seit dem 10. September 2020 unserer Aufgabe der Tierseuchenbekämpfung mit konsequenten Maßnahmen nach, für die wir bislang rund 40 Millionen Euro an Landesmitteln bereitgestellt haben. Allerdings müssen wir feststellen: Die ASP ist eine Krise von nationaler Tragweite. Ich bin froh um die gute Zusammenarbeit mit unseren Nachbarn Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Auch dem Bund danke ich für seine Unterstützung zum Beispiel durch den äußerst wertvollen Beistand des Friedrich-Loeffler-Instituts bei Diagnostik und epidemiologischen Untersuchungen. Dennoch appelliere ich eindringlich an die Bundesregierung, die Unterstützung der schweinehaltenden Betriebe in den ASP-Regionen nicht allein den an Polen angrenzenden Bundesländern zu überlassen.“

Damit Deutschland nach EU-Recht als ASP-frei gilt, dürfte ein Jahr lang kein Seuchenfall auf deutschem Boden gefunden werden. Neben der Bekämpfung im Inland ist die Minderung des Seuchendruckes aus Polen von entscheidender Bedeutung für die Tilgung der Afrikanischen Schweinepest in Brandenburg. Deshalb ist die Errichtung eines Schutzkorridors an der Grenze zu Polen erforderlich.

Vier Säulen der Bekämpfung

Die Bekämpfungsmaßnahmen im Land Brandenburg entsprechen dem EU-Recht und fußen auf vier Säulen:

  • intensive Fallwildsuche durch Suchtrupps, Drohen und Suchhunde, Bergung von Kadavern
  • Zäunungen
  • Entnahme von Schwarzwild durch Lebendfallen und Jagd
  • Biosicherheitsmaßnahmen in der Landwirtschaft

Zur Eindämmung der ASP entstand entlang der Grenze zu Polen ein 255 Kilometer langer fester Zaun. Ende Juni 2021 beschloss der Landeskrisenstab zudem die Errichtung eines Schutzkorridors entlang der Grenze. Dafür wird im Abstand von mindestens 500 Metern ein zweiter Zaun errichtet, von dem bereits ein Drittel fertig gestellt ist.

Brandenburg hatte bereits im Dezember 2019 einen präventiven mobilen Schutzzaun entlang der Grenze zu Polen aufgestellt. Für einen festen Zaun fehlte damals die Rechtsgrundlage, die der Bund trotz Bitten der Länder nicht geschaffen hatte. Erst mit Auftreten der ASP war es möglich, einen festen Zaun zu ziehen.

Maßnahmen zeigen Wirkung

Verbraucherschutzstaatssekretärin Heyer-Stuffer, Leiterin des ASP-Krisenstabs: „Wir sehen, dass die Bekämpfungsmaßnahmen im Landesinneren wirken. Innerhalb der doppelt umzäunten Kerngebiete gehen die Fallzahlen deutlich zurück. In einigen Gebieten sind seit mehreren Monaten keine neuen Fälle aufgetreten und eine Verschleppung der Seuche aus diesen Gebieten konnte nicht nachgewiesen werden.

Wir sehen, dass neue Einträge entlang der Grenze auf den nicht nachlassenden Seuchendruck aus Polen und Infektionen über Oder und Neiße zurückzuführen sind. Der feste Zaun entlang der Grenze gehört deshalb zu den wichtigsten Maßnahmen, um eine weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest zu verhindern. Er allein bietet jedoch keine ausreichende Sicherheit, weshalb Brandenburg mit dem Beschluss, einen zweiten Zaun zu bauen, Maßstäbe gesetzt hat. Auch der Bau des zweiten Zauns entlang der Grenze geht schnell voran. Dafür danke ich allen Beteiligten!“

In den mehrfach abgesuchten Kerngebieten um die ersten ASP-Fälle in Sembten und Klein Briesen gab es im Januar 2021 noch 128 nachgewiesene ASP-Fälle, im August waren es nur noch 5 innerhalb der doppelt umzäunten Gebiete.

1.000 Kilometer Zaun in einem Jahr

Insgesamt hat Brandenburg innerhalb des ersten halben Jahres rund 600 Kilometer Festzaun, in den letzten 12 Monaten rund 1.000 Kilometer Festzaun entlang der Grenze und der Kerngebiete verbaut. Zum Vergleich: Dänemark hat 70 Kilometer, Belgien 300 Kilometer innerhalb eines Jahres gebaut.

Verantwortung des Bundes in Krise mit nationaler Tragweite

Silvia Bender, Agrarstaatssekretärin: „Die Situation der schweinehaltenden Betriebe innerhalb der Restriktionszonen ist sehr ernst. Als Land unterstützen wir bei finanziellen Mehraufwendungen für erforderliche Untersuchungen der Schweine sowie Transport und Vermarktung der Tiere. Ohne weitere Hilfen wird es aber auf absehbare Zeit keine Schweinhaltung mehr in den von der ASP betroffenen Gebieten geben. Ich erwarte deshalb von der Bundesregierung, endlich ein umfassendes Förderprogramm aufzulegen, um die zusätzlichen finanziellen Aufwendungen der Betriebe bei der Vermarktung ihrer Schweine auszugleichen, Betriebe bei einem seuchenbedingten temporären Ausstieg oder Teilausstieg aus der Erzeugung zu unterstützen sowie den Aufbau regionaler Schlachtmöglichkeiten und Wertschöpfungsketten zu fördern.“

Appell an Bundesregierung:

  • Auflage eines Hilfsprogramms für Schweinehalter in den Restriktionszonen.
  • Forcierung der Gespräche mit Brüssel zum Konzept eines Schutzkorridors entlang der Grenze. ASP-Funde östlich der Schutzzone sollen dann nicht mehr Deutschland zugerechnet werden.
  • Schnellstmögliche wildschweinsichere Einzäunung von Bundesautobahnen sowie Überwegen und Unterführungen, damit diese eine zusätzliche Barriere für die ASP bilden.

Seit 2007 breitet sich die ASP von Georgien ausgehend Richtung Westeuropa aus. In Westpolen gab es im November 2019 die ersten Fälle, zunächst im Süd-Westen, inzwischen aber wandert das Virus ungebremst in den Nord-Westen von Polen. Brandenburg ist damit einem anhaltenden Seuchendruck ausgesetzt.

Insgesamt wurden bislang 1.622 in Brandenburg entnommene oder als Fallwild gefundene Tiere positiv auf ASP getestet.

 

Aufruf zur Wachsamkeit bei Bürgerinnen und Bürgern

Das Virus wird direkt über Tierkontakte oder indirekt, zum Beispiel über Fleisch oder Wurst von infizierten Tieren, übertragen. Eine Verschleppung der ASP kann über Speisereste erfolgen, die von infizierten Haus-oder Wildschweinen stammen. In rohem Fleisch, gepökelten oder geräucherten Fleischwaren wie Schinken und Würsten (z.B. Salami) ist das Virus monatelang ansteckungsfähig. Eine Übertragung ist auch durch virusbehaftete Kleidung und Geräte möglich.

Unter ungünstigen Bedingungen können unachtsam entsorgte Reste von virushaltigem Reiseproviant ausreichen, um die Seuche einzuschleppen. Um eine Weiterverbreitung der ASP durch den Menschen zu verhindern ist es wichtig, dass keine tierischen Lebensmittel bzw. Abfälle wie Wurstbrote zum Beispiel an Autobahnrastplätzen weggeworfen oder Speisereste auf den Kompost geworfen werden. Solche Essensreste sollten für Wildschweine nicht zugänglich entsorgt werden.

Chronologie und Maßnahmen:

  • November 2019: Nachdem sich die ASP seit gut zehn Jahren in Osteuropa ausbreitet, gibt es die ersten ASP-Fälle auch in Westpolen.
  • Dezember 2019: Brandenburg baut präventiv 120 Kilometer Elektrozaun entlang der Grenze zu Polen.
  • Juli 2020: Einbringung einer Bundesratsinitiative (Drucksache 386/20) unter anderem durch Brandenburg zur Errichtung präventiver fester ASP-Schutzzäune, die von der Bundesregierung nicht umgesetzt wird.
  • 10. September 2020: Erster nachgewiesener ASP-Fall im Landkreis Spree-Neiße. Weitere ASP-Fälle im Landkreis Oder-Spree. Einrichtung von Restriktionszonen, Beginn intensiver Fallwildsuchen unter anderem mit Unterstützung der Bundeswehr und die Polizeihubschrauberstaffel Brandenburg.
  • 24. September 2020: Baubeginn des festen Zauns entlang der Grenze zu Polen im Landkreis Spree-Neiße.
  • 27. September 2020: ASP-Nachweis im Landkreis Märkisch-Oderland. Einrichtung von Restriktionszonen, intensive Fallwildsuche und Entnahme.
  • 11. November 2020: Die ersten Kadaversuchhunde aus Brandenburg legen erfolgreich ihre Prüfung ab (inzwischen wurden 53 Hunde in Zusammenarbeit mit dem Landesjagdverband ausgebildet, weitere 4 stehen kurz vor der Prüfung – Stand 6. 9. 2021).
  • 2. Dezember 2020: Fester Zaun entlang der deutsch-polnischen Grenze zwischen Frankfurt (Oder) und Sachsen geschlossen.
  • 4. März: ASP-Nachweis im nördlichen Stadtgebiet Frankfurt (Oder). Einrichtung von Restriktionszonen, intensive Fallwildsuche und Entnahme.
  • April 2021: Nach dem Barnim baut auch die Uckermark den Schutzzaun entlang der Grenze zu Polen.
  • 19. Mai 2021: ASP-Nachweis im südlichen Stadtgebiet Frankfurt (Oder). Einrichtung von Restriktionszonen, intensive Fallwildsuche und Entnahme.
  • 24. Juni 2021: Der Landeskrisenstab beschließt die Errichtung eines zweiten festen Zauns (Schutzkorridor) entlang der Grenze zu Polen.
  • 25. Juni 2021: Bundesratsbeschluss (Drucksache 559/21) zur Unterstützung schweinehaltender Betriebe in den Restriktionszonen.
  • 16./17. Juli 2021: Erstmals wird die ASP in Hausschweinbeständen nachgewiesen. Betroffen sind ein Betrieb in Spree-Neiße und zwei Kleinsthaltungen in Märkisch-Oderland.
  • 28. Juli 2021: ASP-Nachweis im Landkreis Barnim. Einrichtung von Restriktionszone, intensive Fallwildsuche und Entnahme.
  • 12. August 2021: ASP-Nachweis im Landkreis Uckermark östlich des Schutzzauns. Erweiterung der Restriktionszonen, intensive Fallwildsuche und Entnahme.
  • 1. September 2021: Beschluss der Sonder-AMK zur ASP mit solidarischem Bekenntnis der Landesagrarministerien sowie Forderungen der Länder an den Bund.

Die Afrikanische Schweinepest ist eine ansteckende Allgemeinerkrankung der Schweine (Haus- und Wildschweine), die fast immer tödlich verläuft und unheilbar ist. Es gibt keine Möglichkeit, die Schweine durch eine vorbeugende Impfung zu schützen. Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände (Kleidung, Schuhe, Fahrzeuge) und Futter in andere Gebiete durch den Menschen übertragen werden. Für den Menschen und andere Tierarten ist die ASP nicht ansteckend oder gefährlich.

Mehr Informationen zur ASP in Brandenburg: https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/themen/verbraucherschutz/veterinaerwesen/tierseuchen/afrikanische-schweinepest/