Angebot der vertraulichen Spurensicherung begrüßt drei neue Partnerkliniken im Norden Brandenburgs
Perleberg, Schwedt und Eberswalde bieten nun eine Beweissicherung bei sexualisierter Gewalt an
- Erschienen am - PresemitteilungDas Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ wird abermals erweitert und von nun an ebenso im Kreiskrankenhaus Prignitz (Standort Perleberg), Asklepios Klinikum Uckermark (Standort Schwedt/Oder) und im GLG Werner Forßmann Klinikum Eberswalde angeboten. Betroffene von sexualisierter Gewalt können sich Tag und Nacht an insgesamt 10 Anlaufstellen im Land Brandenburg wenden, um dort infolge von Sexualdelikten eine medizinische Untersuchung und Spurensicherung, unabhängig von einer polizeilichen Anzeige, in Anspruch zu nehmen. Spuren werden dabei von rechtsmedizinisch geschulten Ärztinnen und Ärzten bis zu drei Tage nach der Tat gesichert und für ein eventuell folgendes Verfahren anonymisiert aufbewahrt.
Staatssekretärin Dr. Antje Töpfer: „270 Vergewaltigungen gab es 2022 in Brandenburg laut Kriminalstatistik, die Dunkelziffer ist hoch. Dabei ist es zentral jedes Opfer so gut es geht zu unterstützen. Die Vertrauliche Spurensicherung leistet dafür seit Jahren hervorragende Arbeit im gesamten Land. Es ist so wichtig, dass die Betroffenen zuerst emotionale und medizinische Hilfe erhalten und sie in Ruhe über das weitere Vorgehen, wie eine Anzeige, nachdenken können. Ich freue mich, dass jetzt auch drei weitere Kliniken im Norden des Landes dabei sind. Damit ist es uns gelungen, die Zahl der Partner seit 2019 zu verdoppeln.“
Seit 2019 koordiniert das Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin (BLR) unter der Leitung von Institutsdirektor Prof. Dr. med. Knut Albrecht das Angebot der vertraulichen Spurensicherung: „Durch das Modellprojekt wurde ein polizeiunabhängiges Angebot geschaffen, welches eine qualitative klinisch-forensische und zeitnahe Versorgung nach sexualisierter Gewalt im Flächenland Brandenburg sichert. Die Hemmschwelle sich direkt im Anschluss eines sexuellen Übergriffs an die Polizei oder eine andere Unterstützungsorganisation zu wenden, ist für Gewaltbetroffene in einer solchen Ausnahmesituation hoch. Daher sollten die Zugangswege so niederschwellig und kurz wie möglich gehalten werden. Dieser Vision kommen wir dank der Unterstützung von 10 Partnerkliniken mit großen Schritten näher. Neben der ärztlichen Begutachtung, welche potentielle gesundheitliche Folgeschäden abwenden kann, ermöglicht eine gerichtsfeste Dokumentation von Verletzungsbefunden den Betroffenen nach der Tat Bedenkzeit, um ggf. zuerst Beratungsangebote wahrzunehmen und sich von den erlebten Gewalterfahrungen körperlich und emotional zu erholen. Hinzukommend werden erste Schritte unternommen, um eine spätere Strafverfolgung durch die Ermittlungsbehörden anstreben zu können. Diese Entscheidung, ob es zur polizeilichen Anzeige kommt oder nicht, trifft jede betroffene Person für sich selbst.“
Teilnehmende Partnerkliniken, die eine medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung anbieten, sind das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, Klinikum Ernst von Bergmann Potsdam, Klinikum Frankfurt (Oder), Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg (Neuruppin), Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel, Alexianer St. Josefs-Krankenhaus Potsdam-Sanssouci, die Oberhavel Kliniken (Oranienburg) und ab sofort auch die Kliniken an den Standorten Perleberg, Schwedt/Oder und Eberswalde.
Geschäftsführer Karsten Krüger, Kreiskrankenhaus Prignitz, Standort Perleberg: „Schnelle, unkomplizierte Hilfe ist in Fällen von sexualisierter Gewalt für Betroffene entscheidend. Das Angebot der vertraulichen Spurensicherung gibt Sicherheit, aber auch Mut, diese Taten selbst besser zu verarbeiten und eventuell später strafrechtlich verfolgen zu lassen. Für uns als Kreiskrankenhaus Prignitz ist es selbstverständlich, dass wir diesem Netzwerk beitreten, um eine wohnortnahe Unterstützung im Nordwesten Brandenburgs und darüber hinaus zu gewährleisten.“
Chefarzt Dariusz Jedrzejczak der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Asklepios Klinikum Uckermark, Standort Schwedt/Oder: "Wir möchten den Opfern von Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch in ihren schwersten Stunden beistehen. Wir bieten nicht nur dringend benötigte medizinische Soforthilfe, sondern setzen uns auch dafür ein, die Opfer in dieser traumatischen Zeit zu unterstützen und ihnen die Gewissheit zu geben, dass ihre Privatsphäre und Vertraulichkeit geschützt sind.“
Ein wichtiger Aspekt der Betreuung von Gewaltbetroffenen ist neben der medizinischen Versorgung auch die weiterführende Nachsorge, welche in enger Zusammenarbeit mit dem Verein für Opferhilfe Land Brandenburg e. V. bereitgestellt wird. Sechs Fachberatungsstellen im Land Brandenburg bieten auf Wunsch nach Gewalterfahrungen streng vertraulich und kostenfrei Beratung, psychologische Hilfe und darüber hinaus psychosoziale Prozessbegleitung an.
Gesamtleiterin der Beratungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg e.V., Susanne Ullrich: „Durch den Beitritt drei weiterer Partnerkliniken kann in Zusammenarbeit mit den bereits beteiligten sieben Anlaufstellen, eine noch breitere und flächendeckendere Versorgung von Betroffenen sexualisierter Gewalt bereitgestellt werden. Wir freuen uns sehr, dass nun auch in der Prignitz, in der Uckermark und in Eberswalde die Zugangswege zu einer medizinischen Versorgung und die Möglichkeit, Spuren vertraulich sichern zu können, gewährleistet sind. Durch eine enge Vernetzung mit den Kliniken und weiteren Hilfesystemen sollen die Hürden der Inanspruchnahme von Hilfe- und Unterstützungsangeboten abgebaut und Informationen zur weiterführenden Nachsorge für Betroffene sichergestellt werden.
Der Opferhilfe Land Brandenburg e.V. ist Teil dieses Nachsorgenetzwerks und bietet als Fachberatungsstelle psychosoziale Betreuung sowie auf Wunsch der Betroffenen Beratung und sozialpädagogische Begleitung im Strafverfahren an. Im Rahmen der psychotraumatologischen Hilfe erhalten Betroffene von sexualisierter Gewalt professionelle Unterstützung bei der Bewältigung der Tatfolgen. Der Opferhilfe Land Brandenburg e.V. ist mit sechs Fachberatungsstellen im Land Brandenburg an den Standorten Potsdam, Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder), Neuruppin, Cottbus und Senftenberg als Kooperationspartner des Modellprojekts ansprechbar.“
Sollten sich die Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt für eine Anzeige entscheiden, kann die Polizei auf das vertraulich gesicherte Beweismaterial zurückgreifen und ein behördliches Ermittlungsverfahren sowie alle erforderlichen Schritte einleiten.
Weitere Informationen zum Modellprojekt unter
Kontaktdaten der neuen Partnerkliniken
Kreiskrankenhaus Prignitz
Dobberziner Straße 112, 19348 Perleberg
Telefon: 03876 30-30
Asklepios Klinikum Uckermark GmbH
Am Klinikum 1, 16303 Schwedt/Oder
Telefon: 03332 53 41-90
Werner Forßmann Klinikum Eberswalde
Rudolf-Breitscheid-Straße 100, 16225 Eberswalde
Telefon: 03334 69-0
Kontaktdaten der Koordinierungsstelle
Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin (BLR)
Lindstedter Chaussee 6, 14469 Potsdam
Telefon: 0331 56 85-0
E-Mail: vss@blr.brandenburg.de