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Studie zu Folgen der Pandemie auf psychische Gesundheit von Brandenburger Kindern: Pandemie verschärft soziale Ungleichheit

- Erschienen am 23.03.2022 - Presemitteilung 126/2022

Wie ausgeprägt die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das seelische Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen im Land Brandenburg sind, hängt stark von ihrem sozialen Umfeld ab – das ist das Ergebnis der Studie „Seelische Gesundheit und psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen“ für das Land Brandenburg, die heute auf dem digitalen Kongress „Armut und Gesundheit“ vorgestellt wurde. Es handelt sich um eine Folgestudie im Rahmen der bundesweiten COPSY-Studie (COrona und PSYche) zu den psychischen Folgen der Corona-Krise durch das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Die Studie wurde vom Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz sowie von den Gesetzlichen Krankenkassen im Land Brandenburg beauftragt und finanziert.

Brandenburger Kinder und Jugendliche aus sozial angespannten Verhältnissen etwa durch ein niedriges Bildungsniveau, Migrationshintergrund oder eine beengte Wohnsituation (>20 qm2 Wohnfläche pro Person) sind besonders gefährdet. Die Studie zeigt aber auch, dass die überwiegende Mehrheit nach einem gewissen Anpassungsdruck gut und mental gefestigt aus den pandemischen Wellen hervorgegangen ist. Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen im Land geben - wie im Bundesvergleich - eine mittlere bis hohe Lebensqualität an.

Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher: Leider sind vor Corona nicht alle Menschen gleich, das belegt einmal mehr die COPSY-Studie für das Land Brandenburg. Mit der Studie haben wir eine solide Datengrundlage, um gezielt den seelischen Auswirkungen der Corona-Einschränkungen bei Kindern und Jugendlichen entgegen zu wirken und Resilienz zu stärken. Wir wissen, dass es gerade für Familien mit kleinem Geldbeutel schwieriger ist, gute Gesundheits- und Bildungsbedingungen für ihre Kinder sicherzustellen. Ganz wichtig sind deshalb ein starker öffentlicher Gesundheitsdienst in den Kommunen und im Land sowie die Strukturen, die wir in den vergangenen Jahren im Land Brandenburg aufgebaut haben: die Familienzentren, die an die bestens bewährten Mehrgenerationenhäuser angebunden sind und niedrigschwellige Hilfen insbesondere für einkommensschwache Familien anbieten. Oder die Arbeit der gesundheits- und familienpolitischen Akteure vor Ort, die in der Krise ihre Beratungs-, Betreuungs- und Unterstützungsangebote im Land flexibilisiert haben. Auch die Gesetzlichen Krankenkassen unterstützen psychisch belastete Familien in Brandenburg mit besonderen Angeboten. Dazu zählen beispielsweise das Programm ‚YoHo‘ für Kinder aus suchtbelasteten Familien oder das Programm ‚Selbstbestimmt – Suchtprävention für vulnerable Zielgruppen im Land Brandenburg‘“.

Ergebnisse aus der COPSY-Studie für das Land Brandenburg:

  • 72,4% - knapp drei Viertel der Kinder und Jugendlichen empfand die Veränderungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise insgesamt als etwas bis äußerst belastend (Vgl. Bund 3. Welle - 81.9 %).
  • fast jedes dritte befragte Kind berichtet, wie auch in der Befragung der COPSY Bundesstudie, unter psychischen Problemen gelitten zu haben.
  • ein Drittel der befragten Kinder empfand in der Corona-Krise eine geminderte Lebensqualität (keine signifikante Abweichung zu Ergebnissen der COPSY Bundesstudie zur 3. Welle).
  • 36,9% der befragten Kinder und Jugendlichen zeigten Anzeichen für eine generalisierte Angststörung (Vgl. Bund: 26,8%); 63,1% - ca. zwei Drittel der Kinder - zeigten keine Anzeichen für eine generalisierte Angststörung (Vgl. Bund: 73,2%).
  • 80,6%, d.h. vier von fünf Kindern und Jugendlichen, zeigten keine Anzeichen für eine depressive Symptomatik (88,9% Bund); 19,4% - ungefähr jedes fünfte der befragten Kinder und Jugendlichen zeigten Anzeichen für eine depressive Symptomatik (Vgl. Bund 11,1%).
  • Wie auch in der bundesweiten COPSY-Studie hatte die Risikogruppe (Kinder und Jugendliche, deren Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss, einen Migrationshintergrund haben und/oder die auf beengtem Raum leben (<20m2 Wohnfläche/Person) ein höheres Risiko für eine niedrige gesundheitsbezogene Lebensqualität.
  • Zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen berichteten, mehr Zeit pro Tag mit Computer, Smartphone, Tablets, Spielekonsole zu verbringen, als vor der Corona-Krise.

Der Online-Fragebogen umfasste Fragen zum Umgang der Kinder mit der Krisensituation, Fragen zu den Bereichen Schule, Freunde und Familie, zu psychischen Problemen wie Ängsten und Depressionen und zu psychosomatischen Beschwerden. Auch das Familienumfeld, Medienkonsum und Ernährungsgewohnheiten wurden erfragt.

Die Studie entstand in Umsetzung des Beschlusses „Gesundheits- und soziallagenbezogene Herausforderungen der Corona-Pandemie und Lösungsstrategien“ des Bündnisses Gesund Aufwachsen (BGA) vom 26. August 2020. Mitglieder des BGA sind neben dem Land und den Krankenkassen auch Fachstellen und Expert*innen in der Kinder- und Jugendarbeit. Mit der Durchführung der Studie wurde die Koordinierungsstelle Gesundheitliche Chancengleichheit Brandenburg, angesiedelt bei Gesundheit Berlin-Brandenburg e. V., durch das MSGIV beauftragt. Das MSGIV und die gesetzlichen Krankenkassen im Land Brandenburg hatten sich im Vorfeld auf die Datenerhebung und -auswertung für das Land verständigt und ihre Unterstützung für eine COPSY-Replikation zugesagt.

Eine weitere wesentliche Grundlage für den Auftrag bildet der Landtagsbeschluss „Kindeswohl im Blick behalten, Kindergesundheit schützen“ (Drucksache 7/3548-B) vom 20. Mai 2021.

Die Studie im Detail: https://msgiv.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/22-03-23%20EF-COPSY-BB-A_G_2022.pdf