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Heyer-Stuffer zu Vertraulicher Spurensicherung nach Vergewaltigung: „Wichtiges Angebot weiter bekannt machen, bestehende Strukturen stärken“

- Erschienen am 18.10.2022 - Presemitteilung 449/2022
Netzwerktreffen vertrauliche Spurensicherung

Seit 2014 haben im Land Brandenburg Betroffene von Vergewaltigungen und anderen Sexualdelikten die Möglichkeit, in inzwischen fünf Kliniken vertraulich Spuren sichern zu lassen – ohne sofort Anzeige bei der Polizei erstatten zu müssen. Das Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ unterstützt Betroffene sexueller Gewalt medizinisch, sowie psychologisch und sichert vor Gericht verwertbare Spuren, ohne dass die Tat umgehend strafrechtlich verfolgt werden muss. Auf Einladung des Brandenburgischen Landesinstituts für Rechtsmedizin findet heute nach pandemiebedingter Pause ein Treffen aller beteiligten Akteurinnen und Akteure im Gesundheitsministerium statt.

Ziel des Treffens ist unter anderem der enge Austausch aller Akteurskreise, das Informieren interessierter Kliniken und die Suche nach Wegen, das Projekt noch bekannter zu machen.

Staatssekretärin Anna Heyer-Stuffer eröffnete die Veranstaltung mit einem Grußwort: „Das Programm ‚Vergewaltigt – was nun‘ stellt das Opfer und die medizinische sowie psychologische Soforthilfe in den Vordergrund. Die Strafverfolgung ist erst der zweite Schritt. Häufig kommen die Tatpersonen aus dem engsten Umfeld und die Angst vor einer Anzeige ist groß. In diesen Fällen ist die vertrauliche Spurensicherung eine Möglichkeit, Zeit zu gewinnen und unter Begleitung Schritt für Schritt vorzugehen. Ich bin froh, dass wir mit fünf Partnerkliniken im Land diese wichtigen Anlaufstellen bieten. Es ist wichtig, dass wir die bestehenden Strukturen stärken, perspektivisch ausweiten und das Angebot weiter bekannt machen.“

Professor Dr. Knut Albrecht, Brandenburgisches Landesinstitut für Rechtsmedizin, welches die Projektleitung innehat: „Im Jahr 2021 wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik Brandenburg insgesamt 261 Fälle unter dem Straftatbestand der ‚Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff‘ erfasst. Die Polizei geht aber von einer hohen Dunkelziffer aus, das sind Fälle, die aus verschiedenen Gründen letztlich nicht zur Anzeige gekommen sind. Hier setzt unser Programm an: Opfer sexualisierter Gewalt können sich Tag und Nacht in einer unserer Partnerkliniken vorstellen und bekommen Hilfe. Hier werden neben der eigentlichen Untersuchung die Spuren anonymisiert, versiegelt und unzugänglich für Dritte zentral aufbewahrt. Im Falle einer Anzeige kann die Polizei für das dann eingeleitete Ermittlungsverfahren zu einem späteren Zeitpunkt sämtliche Daten von uns erhalten.“

Sophie Bootz, Opferhilfe Land Brandenburg e.V., der als Kooperationspartner des BLR im Projekt fungiert: „Es ist von großer Bedeutung, dass dieses wichtige Projekt weiter bekannt gemacht und damit auch mehr genutzt wird. Das Projekt ist aktuell noch zu wenig bekannt. Dies wird sehr deutlich am Beispiel einer betroffenen Frau, die von ihrem Ex-Partner vergewaltigt wurde: Auf der Suche nach einer vertraulichen Möglichkeit, die Tatspuren sichern zu lassen, rief sie die Polizei an und realisierte in ihrer akuten Notlage nicht sofort, dass damit von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren angestoßen wurde. Dies berichtete die Klientin später im Gespräch bei der Opferberatungsstelle, an die sie die Polizei vermittelt hatte. Die Opferhilfe Land Brandenburg e.V. wird auch in diesem Herbst, rund um den Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November, wieder eine Plakataktion im öffentlichen Nahverkehr an allen fünf beteiligten Klinikstandorten durchführen."

Die vertrauliche Spurensicherung wird in fünf Brandenburger Kliniken angeboten: Klinikum Frankfurt (Oder), Universitätsklinikum Ruppin-Brandenburg, Carl-Thiem-Klinikum Cottbus, Ernst von Bergmann Klinikum Potsdam und Universitätsklinikum Brandenburg an der Havel.

Das Modellprojekt „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ richtet sich an Frauen und Männer, welche im Rahmen der klinischen Betreuung unverzüglich zu der entsprechenden Station weitergeleitet werden. Dort wird in ruhiger Atmosphäre das weitere Vorgehen mit der Ärztin oder dem Arzt beraten. Auf Wunsch werden auch Kontakte zu Opferunterstützungseinrichtungen vermittelt und die Betroffenen nachsorgend beraten.

Informationen zur medizinischen Soforthilfe und vertraulichen Spurensicherung sowie den Infoflyer in acht Sprachen gibt es in den teilnehmenden Kliniken, bei allen Opferberatungsstellen des Opferhilfe Land Brandenburg www.opferhilfe-brandenburg.de und auf https://msgiv.brandenburg.de/msgiv/de/themen/frauen/frauen-vor-gewalt-schuetzen/hilfe-nach-vergewaltigung/