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Ministerin Nonnemacher stellt Familienbericht vor

Ausbau der Familienzentren wirkt: Anker nicht nur in Krisenzeiten

- Erschienen am 16.05.2024 - Presemitteilung 084/2024
Prof. Dr. Dietmar Sturzbecher und Ministerin Ursula Nonnemacher stellen den Familienbericht vor

Brandenburgische Familien sind meist mit ihrem Leben zufrieden und blicken mehrheitlich mit großer Zuversicht in die Zukunft. In den letzten zehn Jahren hat sich ihre Wohnsituation insgesamt verbessert. Die Erwerbstätigenquote der Eltern im Land Brandenburg ist überdurchschnittlich hoch. Obwohl die Mehrheit der Eltern gut bis sehr gut qualifiziert ist und in Vollzeit oder im vollzeitnahen Umfang arbeitet, fallen die Familieneinkommen vergleichsweise gering aus. Das sind zentrale Ergebnisse des Familienberichtes, den das Familienministerium erstellt hat.

Sozialministerin Ursula Nonnemacher stellte den Familienbericht „Familien in Brandenburg vielfältig – krisenerfahren – herausgefordert“ gemeinsam mit dem Ko-Vorsitzenden des Familienbeirates, Prof. Dr. Dietmar Sturzbecher, heute in Potsdam vor. Mit der Veröffentlichung wurde eine Maßnahme aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Es ist der erste Brandenburger Familienbericht seit 1997.

Der 62 Seiten starke Bericht enthält Ergebnisse einer Familienbefragung. Im Winter 2022/2023 wurden mit einer repräsentativen Fragebogenerhebung mehr als 4.700 in Brandenburg lebende Familien zu ihrer Lebens-, Arbeits- und Einkommenssituation, zu Stress- und Belastungssituationen sowie zu den Unterstützungswünschen der Eltern befragt. Außerdem beinhaltet der Bericht ein Resümee der Brandenburger Familienpolitik in dieser Wahlperiode und informiert über familienpolitische Maßnahmen der Landesregierung.

Ministerin Nonnemacher sagte: „Familie ist da, wo Kinder sind, wo Menschen ihr Leben miteinander teilen und wo Generationen füreinander Verantwortung tragen. Familien nehmen wichtige Aufgaben in der Gesellschaft und für die Gesellschaft wahr. Die zurückliegenden Jahre waren geprägt durch mehrere Krisen: Corona-Pandemie, Klimawandel, Energiekrise und stark gestiegene Verbraucherpreise sowie die hohe Zahl von Geflüchteten als Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Das Leben vieler Familien hat sich in dieser Zeit deutlich verändert. Vor diesem Hintergrund wurde die Familienbefragung durchgeführt und der Familienbericht erarbeitet. Gerade in der heutigen, von Krisen beeinflussten Zeit ist es wichtig, genau zu wissen, vor welchen Herausforderungen Familien stehen und welche Unterstützung sie benötigen. Ein Schwerpunkt in unserer Familienpolitik ist der Ausbau der Familienzentren. Der Familienbericht zeigt, dass die Familienzentren wirken und gerade in Krisenzeiten als stabile Anker für Kinder, Eltern und Familien dienen.“

Im Juni 2021 wurde ein Familienbeirat des Landes Brandenburg als beratendes Gremium der Landesregierung einberufen. Das Institut für angewandte Familien-, Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Potsdam (IFK) begleitet seither den ehrenamtlich tätigen Familienbeirat. Das IFK führte auch im Rahmen eines vom Familienministerium geförderten Projektes die „Familienbefragung Brandenburg“ durch (Befragungszeitrum: 20. Dezember 2022 bis 20. März 2023).

Prof. Dr. Dietmar Sturzbecher, Vorsitzender des Familienbeirates und Direktor des IFK, erklärte: „Die ‚Familienbefragung Brandenburg‘ eröffnet allen Akteuren der Familienpolitik einen wissenschaftlich fundierten Einblick in die Lebenssituation und die Bedürfnisse der brandenburgischen Familien. Die Ergebnisse zeigen klar: Vor allem Familien mit Kindern und nicht zuletzt Alleinerziehende brauchen nicht nur gesellschaftliche Wertschätzung, sondern auch vielfältige und verlässliche Unterstützungsangebote! Unzureichende oder nicht bedarfsgerechte Angebote führen insbesondere in Krisenzeiten dazu, dass gesundheitliche Belastungsgrenzen erreicht und Lebenschancen nicht genutzt werden. Trotzdem blicken über 90 Prozent der Familien im Land Brandenburg mit Zufriedenheit und circa 60 Prozent mit hoher Zuversicht in die Zukunft.“

Im Land Brandenburg leben rund 263.600 Familien mit Kindern unter 18 Jahren. Etwas mehr als die Hälfte davon sind Ehepaare mit Kindern, 23,3 Prozent sind Alleinerziehende, 21,2 Prozent unverheiratete Lebensgemeinschaften.

Der Familienbericht gliedert sich in drei Bereiche:

  • „Lebenslage Brandenburger Familien“ auf Basis von Daten der amtlichen Statistik. Die Lebenslage beschreibt die sozialen Umstände und Rahmenbedingungen, in denen Familien in Brandenburg leben. Dazu gehören die Familien-, Arbeits- und Einkommenssituation.
  • „Lebenssituation Brandenburger Familien“ mit Bezug auf Ergebnissen der IFK-Familienbefragung insbesondere zu Erwerbskonstellationen, Anteil an Schicht- und Wochenendarbeit sowie Home-Office, Zeitverwendung, Aufteilung von Sorge- und Hausarbeit, Gesundheitszustand sowie Krisenerleben.
  • Schwerpunkte der Familienpolitik des Landes sowie Bilanz der familienpolitischen Maßnahmen in dieser Legislaturperiode.

Zentrale Ergebnisse des Familienberichts sind:

  • Die Erwerbstätigenquote der Eltern im Land Brandenburg ist überdurchschnittlich hoch. Bei den Müttern hängt die Erwerbstätigenquote sehr stark vom Alter des jüngsten Kindes ab. Ab dem Schulalter sind auch 90 Prozent der Mütter wieder erwerbstätig, ein Drittel davon in Vollzeit.
  • Die Teilzeitquote der Mütter (44 %) ist deutlich größer als die der Väter (9 %). Ostdeutsche Mütter arbeiten doppelt so häufig in Vollzeit wie westdeutsche Mütter, und in Brandenburg ist im Bundesländervergleich der Anteil der Mütter mit einer Teilzeitbeschäftigung am niedrigsten.
  • 43 Prozent der befragten Eltern gaben an, dass sich ihre berufliche Tätigkeit nicht für das Arbeiten im Homeoffice eignet.
  • Ein Fünftel der berufstätigen Eltern fährt pro Strecke länger als 45 Minuten zur Arbeit.
  • 54 Prozent der befragten Eltern waren hochqualifiziert und weitere 43 Prozent konnten ein mittleres Bildungsniveau vorweisen.
  • Obwohl die Mehrheit der Eltern gut bis sehr gut qualifiziert ist und in Vollzeit oder im vollzeitnahen Umfang arbeitet, fallen die Familieneinkommen vergleichsweise gering aus. Ein Viertel der befragten Familien muss mit einem monatlichen Haushaltsäquivalenzeinkommen von unter 1.500 Euro zurechtkommen. Dies liegt insbesondere an der schwierigen finanziellen Situation von Alleinerziehenden. Fast die Hälfte der Alleinerziehenden muss mit unter 1.500 Euro im Monat wirtschaften. Bei den Paarfamilien hingegen sind es nur 17 Prozent.
  • Vor allem Alleinerziehende, Familien mit Migrationshintergrund und Familien mit drei oder mehr Kindern sind von Armut bedroht. Mit einer Armutsgefährdungsquote von rund 38 Prozent sind Familien mit Migrationshintergrund am stärksten von Armut betroffen.
  • Die Hälfte der Paarfamilien teilt sich die Sorgearbeit, also die Betreuung der Kinder, paritätisch auf. In der anderen Hälfte kümmert sich die Mutter allein. In nur 4 Prozent der Familien ist der Vater der Hauptverantwortliche.
  • Die Hausarbeit erledigen 55 Prozent der Mütter meistens allein.
  • Im Durchschnitt haben Familien 8,6 Stunden in der Woche und 12,1 Stunden am Wochenende Zeit für gemeinsame Freizeitaktivitäten.

Landesprogramm zur Förderung von Familienzentren

Der Ausbau von Familienzentren ist ein Schwerpunkt der Familienpolitik in dieser Wahlperiode.

Das Landesförderprogramm startete am 1. September 2019 mit zunächst jährlich 480.000 Euro für 32 Familienzentren, die an bereits bestehende Mehrgenerationenhäuser angebunden waren. 2021 wurde die Förderung vom Land auf jährlich insgesamt 640.000 Euro und im Jahr 2023 dann auf 2,6 Millionen Euro erhöht, die für den Ausbau und den Aufbau neuer Einrichtungen pro Jahr zur Verfügung stehen. Aktuell umfasst das Programm 34 Familienzentren an Mehrgenerationenhäusern, 17 neue Familienzentren und neun Modellprojekte.

Übersicht: Ausbauphasen des Landesprogramms Familienzentren

Aufbauphase (2019/2020) 1. Aufbauphase (2021/2022) 2. Aufbauphase (2023/2024)
  • gesamt: 480.000 Euro/Jahr
  • 14.000 Euro jährlich
    pro Familienzentrum an Mehrgenerationenhaus
  • gesamt: 640.000 Euro/Jahr
  • 20.000 Euro jährlich
    pro Familienzentrum an Mehrgenerationenhaus
  • gesamt: 2,6 Mio. Euro/Jahr
  • bis zu 57.000 Euro jährlich
    pro Familienzentrum an Mehrgenerationenhaus
  • bis zu 40.000 Euro jährlich
    pro Einrichtung für den Aufbau eines Familienzentrums
  • bis zu 20.000 Euro jährlich
    pro Modell- und Innovationsprojekt
Förderung von
  • 32 Familienzentren
Förderung von
  • 34 Familienzentren
Förderung von
  • 51 Familienzentren und
  • 9 Modellprojekten

 

Ziel der Familienzentren ist es, besonders Familien mit geringem Einkommen dabei zu unterstützen, die ihnen zustehenden finanziellen Leistungen in Anspruch zu nehmen. Sie beraten Eltern, helfen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern und tragen dazu bei, dass Kinder gesund aufwachsen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können.

Familienministerin Nonnemacher: „Die Bedeutung der Familienzentren insbesondere für Familien mit geringen Einkommen ist kaum zu überschätzen. Wir wissen, dass etliche Eltern auf die Inanspruchnahme von staatlichen Leistungen, wie Unterhaltsvorschuss, Kinderzuschuss, Wohngeld oder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket verzichten, weil sie keine Kenntnis davon haben, den bürokratischen Aufwand als zu hoch ansehen oder weil sie den Gang zur zuständigen Behörde als zu stigmatisierend empfinden. Hier helfen Familienzentren ganz konkret und unmittelbar, in dem sie Eltern unterstützen, die ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten. Die niedrigschwelligen Beratungs- und Unterstützungsangebote werden überall gut angenommen. Gerade im ländlichen Raum ist es wichtig, einfach zugängliche Anlaufstellen zu schaffen, in denen Familienberatung aus einer Hand erfolgen kann. Wir haben die Mittel für das Programm deutlich erhöht, um Familienzentren weiter in die Fläche zu bringen und Lücken, insbesondere im ländlichen Raum, zu schließen. Über mobile, aufsuchende Dienste und digitale Angebote erreichen wir jetzt Familien in allen Landesteilen.“

Ergänzend wurden Service- und Koordinierungsstellen eingerichtet, die die Arbeit von Familienzentren, Mehrgenerationenhäusern, des Netzwerks Gesunde Kita, der Kiez-Kitas, der Frühen-Hilfen und der Lokalen Bündnisse für Familie unterstützen. Im August 2023 wurde eine zusätzliche Servicestelle für Familienzentren eingerichtet, die die neuen Familienzentren und Modellprojekte beim Aufbau und bei der Umsetzung ihrer Angebote berät.

Außerdem gibt es in Brandenburg aktuell etwa 40 Lokale Bündnisse für Familie, die durch kommunale Netzwerkarbeit sowie Begleitung, Beratung und Förderung von Familien familienfreundliche Lebensverhältnisse vor Ort auf- und ausbauen. Die überregionale Koordinierungsstelle wird ebenfalls vom Land unterstützt.

Familienbeirat des Landes Brandenburg

Der Familienbeirat des Landes Brandenburg hat sich am 17. Juni 2021 konstituiert. Zentrale Aufgabe des unabhängigen Gremiums, das aus 15 ehrenamtlich tätigen Expertinnen und Experten besteht, ist es, die Landesregierung und insbesondere das Familienministerium in allen familienrelevanten sozialen, rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Fragen zu beraten.

Der Familienbeirat hat bisher zu folgenden Themen Handlungsempfehlungen an die Landesregierung beschlossen:

  • Umgang mit den Auswirkungen der Coronapandemie auf Familien (Beschluss am 21.03.2022),
  • Einrichtung eines digitalen Familienportals (Beschluss am 25.08.2022),
  • Partizipation von Familien (Beschluss am 30.04.2023),
  • Nachhaltige Bewältigung der ökonomischen Auswirkungen von Krisen auf Familien (Beschluss am 15.06.2023),
  • Weiterentwicklung von Familienzentren im Land Brandenburg (Beschluss am 13.10.2023),
  • Nachhaltige und gesicherte Familienpolitik (Beschluss am 13.10.2023).

Im Land Brandenburg gab es bereits zwei Familienbeiräte, der erste war von 2004 bis 2009 aktiv, der zweite von 2010 bis 2014. Während der Schwerpunkt der Arbeit des ersten Familienbeirates auf der Situation von Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren lag, konzentrierte sich der zweite Familienbeirat auf die Altersgruppe von Kindern von 7 bis 16 Jahren.

Brandenburger Familienforen – Partizipation stärken

Im Oktober 2022 fand erstmals das Brandenburger Familienforum im Landtag statt. Einen Schwerpunkt der Veranstaltung bildeten vier Workshops, in denen Familien die Möglichkeit hatten, sich mit Akteuren aus der Politik, der Verwaltung und der Zivilgesellschaft auszutauschen. Dabei ging es um die Folgen der Corona-Pandemie. Die Eltern konnten ihre Erfahrungen und alltäglichen Probleme darstellen und Vorschläge für einen künftigen Umgang mit Pandemien unterbreiten.

Das zweite Brandenburger Familienforum fand im November 2023 unter Beteiligung von über 200 Familien im Landtag statt. Den Schwerpunkt bildeten, neben der Vorstellung des Familienbeirates, Workshops zu den vier Themen: „Gute Bildung von Anfang an“, „Familienförderung vor Ort“, „Familie und Gesundheit“ sowie die „Finanzielle Situation von Familien“.

Das dritte Brandenburger Familienforum findet am 6. Juli 2024 in Potsdam statt.