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Istanbul-Konvention: Kabinett beschließt Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder

- Erschienen am 16.01.2024 - Presemitteilung 013/2024

Wirksam gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt: Im Zuge der im Koalitionsvertrag vereinbarten Umsetzung der Istanbul-Konvention hat die Landesregierung heute den von Frauen- und Gleichstellungsministerin Ursula Nonnemacher eingebrachten Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder (LAP) beschlossen. Damit ist es der Landesregierung gelungen, ressortübergreifend ein politisches Instrument mit 68 konkreten Maßnahmen zu erarbeiten.

Nonnemacher betonte: „Der heutige Kabinettsbeschluss ist ein Meilenstein auf dem Weg zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Brandenburg ist eine gemeinschaftliche und langfristige Aufgabe. Mit dem vorliegenden LAP haben wir erstmals die konkreten Ziele der Menschenrechtskonvention auf unser Bundesland angewendet. Auf das Ergebnis können wir stolz sein. Unsere Botschaft lautet: Gewalt gegen Frauen und Mädchen darf und wird nicht toleriert werden. Der Bekämpfung werden wir uns daher auf allen Ebenen weiter mit aller Entschlossenheit stellen – durch Prävention ebenso wie durch den Schutz der Betroffenen, aber auch durch konsequente Strafverfolgung, wo immer Gewalt ausgeübt wird. Kein Täter soll sich sicher fühlen dürfen! In den vergangenen Jahren haben wir in der Sache bereits vieles erreicht. Mit dem fortgeschriebenen Landesaktionsplan haben wir nun ein politisches Instrument mit konkreten Maßnahmen zur Verfügung, mit dem wir noch konsequenter gegen geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt vorgehen können und werden.“

Der „Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder – Strategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land Brandenburg“, der im Frühjahr auch als gedruckte Broschüre erscheinen soll, umfasst unter anderem 68 ressortübergreifende Maßnahmen und Ziele. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung einer Personalstelle zur Steuerung der Umsetzung der Istanbul-Konvention sowie einer „Kontaktstelle der zivilgesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure zur Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land Brandenburg“.

Im Bereich Prävention ist es eine wichtige Aufgabe, die Perspektive auf vulnerable Gruppen zu richten. Beispielsweise sind Frauen mit Behinderung in ihrem Leben doppelt so häufig von sexualisierter Gewalt betroffen als Frauen ohne Behinderung. Ziel ist die Entwicklung einer intersektionalen Präventionspraxis in Brandenburg. Insbesondere junge Menschen sollen für Hintergründe und Stereotype, die Formen von Gewalt begünstigen, sensibilisiert und damit ermutigt werden, sich aktiv an der Vorbeugung zu beteiligen. Dazu gehören zum Beispiel Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit sowie der Ausbau der Täterarbeit durch die Etablierung weiterer Standorte im Land.

Im Handlungsfeld „Schutz, Versorgung, Gesundheit“ werden unter anderem Maßnahmen zur Stärkung der Frauenhilfe-Infrastruktur genannt – insbesondere der Finanzierung der Frauenhäuser.

Im Bereich „Strafrecht und Justiz“ sieht der LAP eine Stärkung der Opferrechte und eine Verbesserung der Strafverfolgung vor, etwa durch eine engere Kooperation zwischen Polizei, Gerichten und Fachkräften des Hilfesystems. Auch sollen Ermittlungsarbeit und Strafverfolgung im Sinne des Opferschutzes noch sensibler auf die psychische Belastung der von Gewalt Betroffenen ausgerichtet werden.

Die Umsetzung der Istanbul-Konvention im Land Brandenburg erfordert perspektivisch weitere Maßnahmen, die im Empfehlungskatalog des LAP aufgelistet sind. Die Mitglieder des Begleitgremiums werden dabei unterstützen, aus diesen Empfehlungen konkrete und umsetzbare Maßnahmen zu entwickeln. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in diesem Jahr auf dem Bereich Prävention, vor allem hinsichtlich der Evaluierung der Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten verschiedener Berufsgruppen und des Schutzes von Hochrisikofällen.

Hintergrund

Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ – auch bekannt als „Istanbul-Konvention“ – ist das erste internationale Abkommen, das einen umfassenden rechtlichen Rahmen zum Schutz von Frauen vor körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt schafft. Darin sind klare Forderungen und Handlungsanweisungen zu den Themen Gewaltprävention, Opferschutz, Strafverfolgung und vernetztem Handeln enthalten. 2018 ist die Istanbul-Konvention in Deutschland in Kraft getreten. Damit sind sowohl Bund als auch Länder und Kommunen gesetzlich verpflichtet, Frauen und ihre Kinder vor allen Formen von Gewalt zu schützen und diese zu verhindern bzw. zu beseitigen.

In Brandenburg wurden 2022 gemäß Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) insgesamt 16 Frauen Opfer von Tötungsdelikten, 166 Frauen wurden Opfer von Vergewaltigungen, sexuellen Nötigungen oder besonders schweren sexuellen Übergriffen, 231 Frauen wurden sexuell belästigt. Darüber hinaus wurden 2022 laut PKS in Brandenburg insgesamt 5.853 Fälle von häuslicher Gewalt registriert, in 3.820 Fällen waren Frauen die Opfer. Mehr als zwei Drittel der Fälle von häuslicher Gewalt fand innerhalb der Partnerschaft statt.

Der Landesaktionsplan basiert auf den Empfehlungen eines vom Frauen- und Gleichstellungsministerium in Auftrag gegebenen Gutachtens zur Fortschreibung des Plans und auf den Ergebnissen der Zusammenarbeit im interdisziplinären Begleitgremium mit Vertreterinnen und Vertretern von Ministerien, Landesbehörden und der Zivilgesellschaft. Das Gutachten zur Umsetzung der Istanbul-Konvention wurde im September 2021 öffentlich vorgestellt.

Die Landesregierung Brandenburg hat erstmals 2001 einen „Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und ihre Kinder“ aufgestellt. Dieser wurde 2006, 2011 und zuletzt im Rahmen des „Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramms für das Land Brandenburg 2015–2019“ fortgeschrieben. Bislang lag der Schwerpunkt der Maßnahmen des LAP in der Prävention und Bekämpfung von häuslicher Gewalt.