Landestierschutzbeauftragte Zinke: Qualzucht bedeutet lebenslanges Leid für Tiere
Kampagne gegen Qualzucht startet: „Lifestyle oder Lebewesen“ – Postkarten und Internetseite bieten Informationen
- Erschienen am - PresemitteilungOb kurze Nasen, Hautfalten, Kulleraugen oder Faltohren: Viele Tiere beliebter Haustierrassen sind Qualzuchten. Obwohl die Zucht von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen in Deutschland schon lange verboten ist, gibt es eine Vielzahl von Tieren mit solchen Merkmalen, die häufig ein qualvolles Leben erleiden müssen. Dazu gehören massive Atemprobleme, Schlafprobleme, Hitzeempfindlichkeit, Haut-, Augen- und Gebissentzündungen, Taubheit, Gelenkentzündungen und vieles mehr. Mit einer heute gestarteten Kampagne will Brandenburgs Landestierschutzbeauftragte Dr. Anne Zinke gemeinsam mit dem Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales und dem Verein Qualzucht-Evidenz Netzwerk e.V. auf das Thema Qualzucht aufmerksam machen und über das Leid der Tiere aufklären.
Herzstück der Kampagne sind Postkarten, die das Leid verschiedener betroffener Tiere beschreiben. Sie zeigen von Qualzucht betroffene Groß- und Kleintiere mit Slogans wie „Legeroboter oder Lebewesen?“ und „Lifestyle oder Lebewesen?“, um die Folgen von Qualzucht zu thematisieren. Auf den Postkarten und der Kampagnen-Homepage www.lifestyle-oder-lebewesen.de finden sich umfangreiche Informationen zu den bei den Tieren entstehenden Schmerzen, Leiden und Schäden und Hinweise, was dagegen unternommen werden kann.
Landestierschutzbeauftragte Dr. Zinke erklärt: „Viele unserer gezüchteten Groß- und Kleintiere leiden unter erblich bedingten Schmerzen, Leiden und Schäden. Sie sind sogenannte Qualzuchten. Dies bedeutet ein lebenslanges Leid für die Tiere. Das ist vielen Halterinnen und Haltern so gar nicht bewusst. Deshalb müssen wir über dieses wichtige Thema noch viel stärker aufklären. Mit der Kampagne möchten wir ein „Umdenken den Tieren zu Liebe“ erreichen. Das Tierschutzgesetz verbietet es zwar, Tiere mit Merkmalen zu züchten, unter denen sie leiden, dennoch ist das vielfach gelebte Realität. Um dieses unnötige Leid zu beenden, braucht es dringend ein Umdenken bei den Züchterinnen und Züchtern und bei den Tierhaltenden, also Käuferinnen und Käufern.“
Dr. Anne Zinke, Fachtierärztin für Tierschutz, ist seit dem 15. Dezember 2022 und damit genau seit einem Jahr Brandenburgs Landestierschutzbeauftragte. Zuvor war sie im Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) tätig, wo sie bereits im Februar 2022 gemeinsam mit der Tierärztekammer eine Kampagne zum Thema Qualzucht bei Tieren startete. Der Kampf gegen Qualzucht ist eines ihrer Schwerpunktthemen. Im März 2023 forderte sie in einer umfangreichen Stellungnahme an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Änderungen des relevanten Paragraphen 11b im Tierschutzgesetz.
Fachlich unterstützt wird Zinke von Prof. Dr. Achim Gruber. Er ist Direktor des Instituts für Tierpathologie an der Freien Universität Berlin und Autor der vielbeachteten Bücher „Geschundene Gefährten: Über Irrwege in der Rassezucht und unsere Verantwortung für Hund und Katze“ und „Das Kuscheltierdrama: Ein Tierpathologe über das stille Leiden der Haustiere“.
Prof. Dr. Achim Gruber: „Es ist höchste Zeit, dass wir endlich Verantwortung für das Wohl unserer Gefährten übernehmen. Vielfach ungesunde und teils tödliche Leitbilder in der Zucht dürfen nicht mehr mit falscher Tierliebe oder anderen fragwürdigen Motiven schöngeredet werden.“
Hintergrund
Als Qualzucht bezeichnet man jede Form von Tierzucht, die dazu führt, dass Tiere aufgrund ihrer angezüchteten Merkmale ein Leben mit Schmerzen, Leiden oder Schäden führen. Die rechtliche Definition und das Verbot von Qualzucht ist im deutschen Tierschutzgesetz im Paragraph 11b festgelegt. Qualzuchten sind Zuchten, die dazu führen, dass bei der Nachzucht oder deren Nachkommen:
- erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten,
- mit Leiden verbundene erblich bedingte Verhaltensstörungen auftreten, jeder artgemäße Kontakt mit Artgenossen bei ihnen selbst oder einem Artgenossen zu Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden führt oder
die Haltung nur unter Schmerzen oder vermeidbaren Leiden möglich ist oder zu Schäden führt. Wichtig ist, dass die Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen nicht unbedingt sichtbar sein müssen und den Tieren somit auch nicht immer direkt anzusehen sind! Daher sind auch die Beobachtung des Tierverhaltens und die Interaktion mit Artgenossen enorm wichtig.
Beispiele für Rassen mit Qualzuchtmerkmalen sind Mops, Französische und englische Bulldogge, Pekingese, Chihuahua, Cavalier King Charles Spaniel, Dackel, Bernhardiner und andere extrem große und schwere Hunderassen, Nacktkatzen und -hunde, Perserkatze, Scottish Fold Katze, Widderkaninchen, Haubenente, Kropftaube, schuppenlose Schlangen und Echsen, Goldfische ohne Rückenflosse oder mit Blasenaugen.