Soforthilfe nach Vergewaltigung – Nonnemacher übernimmt Schirmherrschaft über Plakataktion
- Erschienen am - PresemitteilungDer Verein Opferhilfe Land Brandenburg startet anlässlich des Internationalen Tages gegen Gewalt an Frauen (25. November) erneut eine Plakataktion im Öffentlichen Nahverkehr, um die „Medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung“ weiter bekannt zu machen. Frauenministerin Ursula Nonnemacher übernimmt die Schirmherrschaft über die Kampagne, die vom Sozialministerium mit knapp 5.500 Euro gefördert wird.
In Cottbus, Neuruppin, Frankfurt (Oder) und Brandenburg an der Havel werden bis zum 11. Dezember in Bussen und Straßenbahnen Plakate ausgehängt; in Potsdam werden in den Fahrzeugen Flyer ausgelegt. In Neuruppin wird zusätzlich auf den Monitoren des Fahrgast-TV ein digitales Poster gezeigt.
Im Land Brandenburg bieten fünf Schwerpunktkliniken medizinische Soforthilfe und vertrauliche Spurensicherung nach einer Vergewaltigung. Dort erhalten Betroffene neben der medizinischen Versorgung die Möglichkeit, auch ohne Strafanzeige Spuren und Verletzungen gerichtsfest dokumentieren zu lassen. Die Befunde stehen im Fall eines späteren Strafverfahrens als Beweismittel zur Verfügung und Betroffene haben Zeit, eine selbstbestimmte Entscheidung zu treffen. Die Ärztinnen und Ärzte in den beteiligten Kliniken unterliegen der Schweigepflicht, sodass die Polizei nicht ohne Einverständnis der Betroffenen informiert wird. Mit der erneuten Plakataktion möchte die Opferhilfe betroffenen Menschen Mut machen, das Angebot zu nutzen.
Ministerin Nonnemacher: „Eine Vergewaltigung ist eine der schwersten Straftaten, mit oft gravierenden körperlichen und psychischen Folgen für die Betroffenen. Dennoch nehmen die wenigsten fachliche Hilfe in Anspruch und nur 5 bis 15 Prozent der Vergewaltigungstaten werden laut Schätzungen angezeigt. Die Hürden sind vielfältig: betroffene Frauen stehen unter Schock, schämen sich oder haben Angst vor dem Täter, der häufig aus dem sozialen Umfeld kommt. Auch die Sorge, ihnen werde womöglich nicht geglaubt, belastet viele Betroffene und lässt sie schweigen. Die vertrauliche Spurensicherung ist eine Möglichkeit, Zeit zu gewinnen und unter Begleitung Schritt für Schritt vorzugehen. Gern unterstütze ich die Plakataktion, um dieses wichtige Angebot weiter bekannt zu machen.“
Sophie Bootz, Leiterin der Opferberatungsstellen in Trägerschaft des Opferhilfe Land Brandenburg e.V.: „Eine Vergewaltigung ist ein medizinischer Notfall. Der Zugang zu Hilfe und Unterstützung darf nicht von einer Strafanzeige abhängen. Wer Opfer einer Vergewaltigung geworden ist, sollte sich auf jeden Fall ärztlich untersuchen lassen, auch wenn keine sichtbaren Verletzungen vorliegen. Mit dem Modellprojekt versuchen wir, die Hürden für Betroffene so niedrig wie möglich zu halten, um fachliche Versorgung und Schutz zu erhalten. Das Modellprojekt umfasst weit mehr als die Akutversorgung direkt nach der Tat: Natürlich steht die medizinische Soforthilfe an erster Stelle. Damit verbunden ist das Angebot der vertraulichen Spurensicherung in der Klinik. Nach dem Klinikbesuch finden Betroffene weiterführende Nachsorge in sieben Fachberatungsstellen im Land. Wir bieten hier psychosoziale Beratung an, informieren auf Wunsch zum Strafverfahren und unterstützen bei der Bewältigung der Tatfolgen. Bislang teilnehmende Einrichtungen sind die sechs Opferberatungsstellen in Trägerschaft des landesweit tätigen Vereins Opferhilfe Land Brandenburg e.V. sowie die Frauenberatungsstelle des Autonomen Frauenzentrums Potsdam e.V.“
Professor Dr. Knut Albrecht, Institutsdirektor vom Brandenburgischen Landesinstitut für Rechtsmedizin und Leiter des Modellprojektes: „Es geht darum, ein Zeichen gegen sexualisierte Gewalt zu setzen und auf das Hilfsangebot der vertraulichen Spurensicherung aufmerksam zu machen. Vertraulich ist hierbei das Schlüsselwort. Denn unabhängig von einer Anzeige bei der Polizei erhalten Betroffene medizinische Hilfe und Zugang zu unserem Nachsorgenetzwerk, welches bei den seelischen Nachwirkungen infolge einer Tat unterstützt. Die Plakataktion dient dazu, auch im öffentlichen Raum klar Position gegen sexualisierte Gewalt zu beziehen und Leidtragenden zu zeigen, dass sie mit ihrem körperlichen und auch psychischen Schmerz nicht allein fertig werden müssen“.
Von sexualisierter Gewalt sind überwiegend Frauen betroffen. Das Projekt richtet sich allerdings gleichermaßen auch an männliche Betroffene: Wenn ein Opfer in der Rettungsstelle den Schlüsselsatz sagt: „Ich brauche dringend ein Gespräch mit einer Gynäkologin/einem Urologen“, erfolgt ohne weiteres Nachfragen die Weiterleitung auf die gynäkologische oder urologische Station, wo speziell geschulte Ärztinnen und Ärzte die Behandlung und Spurensicherung durchführen. Auch werden Betroffene im Anschluss zu Möglichkeiten der psychosozialen Unterstützung durch Fachberatungsstellen informiert.
Ministerin besucht Klinikum Frankfurt (Oder)
Die vertrauliche Spurensicherung wird in fünf Brandenburger Kliniken angeboten: Klinikum Frankfurt (Oder), Ruppiner Kliniken in Neuruppin, Carl-Thiem-Klinikum in Cottbus, Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam und Universitätsklinikum in Brandenburg an der Havel. Ministerin Nonnemacher wird am Rande der Kabinettssitzung in Frankfurt (Oder) am morgigen Dienstag (15.11.) die leitende Chefärztin der vertraulichen Spurensicherung im Klinikum Frankfurt (Oder) besuchen.
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