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Gesundheitsministerium Nonnemacher kritisiert Gesetzentwurf zur Krankenhausreform scharf

Rede im Bundesrat zum Entwurf des Krankenhausversorgungsver-besserungsgesetzes: „Länder sind für Sicherstellung der stationären Versorgung verantwortlich – dieser Auftrag muss erfüllbar bleiben“

- Erschienen am 05.07.2024 - Presemitteilung 129/2ß24
Ministerin Nonnemacher bei ihrer Rede im Bundesrat

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher fordert erhebliche Nachbesserungen am Gesetzentwurf zur geplanten Krankenhausreform. „Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung greift massiv in die Planungshoheit der Länder ein und ist unzureichend. Die geeinte Stellungnahme der Länder, insbesondere die Kritikpunkte der ostdeutschen Länder, wurden bisher nicht berücksichtigt. Deshalb lehnt das Land Brandenburg den aktuellen Entwurf ab. Die Krankenhausreform ist notwendig. Sie gelingt aber nur, wenn Bund und Länder zusammenarbeiten und eine sinnvolle Reform gemeinsam beschließen“, sagte Nonnemacher heute im Bundesrat. Der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) lag heute dem Bundesrat im ersten Durchgang zur Stellungnahme vor.

In ihrer Rede im Bundesrat sagte Gesundheitsministerin Nonnemacher: „Der Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes ist aus der Sicht Brandenburgs in seiner aktuellen Fassung abzulehnen. Damit meine ich nicht die Reform selbst – diese braucht es, und zwar dringend! Die Krankenhäuser im Land sind bereit für Veränderung – weil sie in weiten Teilen existenznotwendig ist. Um die Versorgungslandschaft bedarfsnotwendig und zukunftsfähig auszugestalten, bedarf es jedoch der richtigen Instrumente. Die Vielzahl an Änderungs- und Entschließungsanträgen zeigt den Nachbesserungsbedarf am Gesetzentwurf, aber auch die konstruktive Haltung der Länder.“

Nicht akzeptabel sei es, dass die gemeinsame Stellungnahme der Länder von der Bundesregierung bisher gar nicht berücksichtigt wurde. „Es ist die klare Position der Länder – festgehalten in einer 16:0 geeinten, 11 Punkte umfassenden Stellungnahme –, dass sowohl die Zustimmungspflicht im Bundesrat, das Vorlegen einer Auswirkungsanalyse des neuen Gesetzes durch den Bund als auch die Hoheit der Länder in Fragen von Kooperationen und deren Ausnahmen elementare Aspekte für ein gemeinsam getragenes Gesetz sind. Als Länder sind wir verantwortlich für die Sicherstellung der stationären Versorgung. Dieser Auftrag muss erfüllbar bleiben! Denn die Qualität der Behandlung, die der Gesetzentwurf so sehr in den Mittelpunkt rückt, beinhaltet auch ihre Erreichbarkeit, insbesondere bei der Grund- und Notfallversorgung“, so Nonnemacher.

Die Ministerin weiter: „Die bundesweiten Voraussetzungen der Versorgungslandschaft sind nicht gleich, weshalb ausschließlich bundeseinheitliche Vorgaben nicht geeignet sind, regionale Besonderheiten zu berücksichtigen. In den ostdeutschen Ländern steht aufgrund der nach der Wiedervereinigung dort erfolgten Strukturbereinigung und einhergehenden Transformation der Krankenhauslandschaft im Vergleich zu westdeutschen Bundesländern nur eingeschränkt Konzentrationspotenzial zur Verfügung. Dies muss bei der Gesetzgebung bedacht werden. Daher sind praktikable Möglichkeiten für Kooperationen zur Erfüllung der Qualitätskriterien sowie verbindliche und dauerhafte Ausnahmeregelungen von den Leistungsgruppen essentiell, um die Versorgung in dünn besiedelten Gebieten mit einer hohen Versorgungsqualität weiterhin sicherzustellen. Wer oder was zwingend erforderlich für die Versorgung ist, muss von den Ländern mit der Expertise vor Ort entschieden werden. Für ländliche Regionen müssen erweiterte Regelungen geschaffen werden, um die regionale und wohnortnahe Grund- und Notfallversorgung für die Bevölkerung zu gewährleisten.“

Trotz bundesweit einheitlicher Vorgaben müssten die Länder Handlungsspielräume behalten. „Krankenhausplanung ist Ländersache. Wir appellieren dringend an den Bund, die Änderungsanträge der Länder zu beachten“, so Nonnemacher. Dies betreffe auch deutlich erweiterte Möglichkeiten ambulant-stationärer Leistungserbringung in Versorgungsregionen aus strukturellem Grund. Neben der notwendigen Kooperation und der Nutzung von Telemedizin von regionalen Kliniken bei der Erbringung von Qualitätskriterien sei zum Beispiel die völlig überzogene Zuordnung von mindestens je drei Fachärztinnen und Fachärzte zu einzelnen, zum Teil kleinen Leistungsgruppen zu korrigieren. Bisher wurden diese Teilleistungen auf Abteilungsebene beplant. Nonnemacher: „So viele spezialisierte Fachärztinnen und Fachärzte sind in Deutschland gar nicht verfügbar!“

Die Ministerin weiter: „Ich kritisiere die Einführung von Mindestvorhaltezahlen, welche nicht medizinisch begründet sind, sondern als reines Zentralisierungselement dienen sollen. Regionen mit bevölkerungsbedingt kleinen Fallzahlen werden damit systematisch benachteiligt. Stattdessen fordere ich eine leistungsmengenunabhängige Sockelfinanzierung für die Grund- und Notfallversorgung bei Krankenhäusern, die für die Sicherstellung der Versorgung insbesondere im dünn besiedelten ländlichen Raum notwendig ist. Auch hierfür liegt ein konkreter und umsetzbarer Vorschlag vor.“

Grundsätzlich sei die Verschiebung zentraler Inhalte – wie die Mindestvorhaltezahlen, die Leistungsgruppenregelungen, die Ausgestaltung der sektorenübergreifenden Versorger – auf nachgelagerte Rechtsverordnungen und Vereinbarungen nicht tragbar. „Es braucht bereits jetzt die notwendigen Regelungen, um zumindest in Teilen für Planungssicherheit sorgen zu können. Leistungsangebote, die einmal weggefallen sind, sind kaum mehr zu reaktivieren“, sagte Nonnemacher.

Hintergrund

Eine „Bund-Länder-Arbeitsgruppe für die Krankenhausreform“ hatte seit Anfang 2023 zunächst über Eckpunkte zur Krankenhausreform beraten. Grundlage waren die Empfehlungen der im Mai 2022 eingerichteten „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“, die am 6. Dezember 2022 Vorschläge für eine umfassende Krankenhausreform vorgelegt hatte. Am 10. Juli 2023 hatten sich Bund und Länder auf ein Eckpunktepapier geeinigt; darin steht einleitend: „Mit der Krankenhausreform werden drei zentrale Ziele verfolgt: Gewährleistung von Versorgungssicherheit (Daseinsvorsorge), Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität sowie Entbürokratisierung. Es gilt, auch vor dem Hintergrund der Entwicklung der medizinischen und pflegerischen Fachkräftesituation in Deutschland eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sicherzustellen.“ Daraufhin hat der Bund das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) erarbeitet und am 15. Mai 2024 im Bundeskabinett beschlossen.

Die Gemeinsame Stellungnahme der Länder zum Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums zum Entwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes vom 30. April 2024 ist auf der Internetseite der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) veröffentlicht: https://www.gmkonline.de/documents/stellungnahme-der-laender-zum-referentenentwurf-fuer-ein-krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz-khvvg_1714469083.pdf

In den vergangenen Jahren hatte Brandenburgs Gesundheitsministerin Nonnemacher wiederholt betont: „Für Brandenburg geht es bei der Krankenhausreform nicht um Standortschließungen, sondern um die bedarfsgerechte Weiterentwicklung und Sicherung der Standorte in enger Abstimmung mit den Versorgungsakteuren und der kommunalen Familie. Kein Krankenhausstandort wird aufgegeben.“

Das Brandenburger Gesundheitsministerium hat mit den Vorbereitungen für einen neuen Krankenhausplan bereits begonnen. Mit der geplanten Einführung von Leistungsgruppen als neue Grundlage der Krankenhausplanung anstatt der bisherigen Bettenplanung in Fachabteilungen muss der Landeskrankenhausplan von Grund auf neu erstellt werden.

Im aktuellen Vierten Krankenhausplan des Landes Brandenburg sind insgesamt 54 Krankenhäuser an 66 Standorten aufgenommen, von denen sich 22 Krankenhäuser in öffentlicher, 19 in privater und 13 in freigemeinnütziger Trägerschaft befinden. Zum Vergleich: 1990 gab es in Brandenburg 73 Krankenhäuser.