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Nonnemacher stellt Digitalisierungsstrategie für den Öffentlichen Gesundheitsdienst vor

„Pakt für den ÖGD“ wird in Brandenburg erfolgreich umgesetzt – Bereits rund 200 neue Stellen geschaffen

- Erschienen am 21.07.2023 - Pressemitteilung 175/2023

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD), dazu zählen insbesondere die Gesundheitsämter, wird weiter gestärkt. Mit dem „Pakt für den ÖGD“ stellt der Bund bis 2026 finanzielle Mittel für mehr Personal, Digitalisierung und moderne Strukturen zur Verfügung. Um die Digitalisierung zu gestalten, hat das Gesundheitsministerium gemeinsam mit Beschäftigen aus allen 18 kommunalen Gesundheitsämtern und dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) eine „Digitalisierungsstrategie für den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg bis 2026“ erarbeitet.

Sie umfasst sieben Maßnahmenbündel, die insgesamt 28 Maßnahmen zusammenfassen. Ein Ziel ist, den Austausch von Informationen zwischen Gesundheitsämtern und anderen Behörden zu erleichtern. Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher stellte die Digitalisierungsstrategie heute in Potsdam gemeinsam mit Simone Daiber, Amtsärztin des Landkreises Oberhavel, und Dr. Kristina Böhm, Amtsärztin der Landeshauptstadt Potsdam und Erste stellvertretende Vorsitzende Bundesverbandes der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes e.V. (BVÖGD), vor.

Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher erklärte: „Der öffentliche Gesundheitsdienst spielt für die Gesundheit der Bevölkerung eine zentrale Rolle. Besonders die kommunalen Gesundheitsämter erfüllen ein breites Spektrum an bevölkerungsmedizinischen Aufgaben. Die Corona-Pandemie hat in aller Deutlichkeit aufgezeigt, wie wichtig der Öffentliche Gesundheitsdienst in unserem Gesundheitssystem für den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung ist. Die Krise hat allerdings auch personelle und strukturelle Engpässe im ÖGD verdeutlicht. In den vergangenen drei Jahren konnten Land und Kommunen mit dem ‚Pakt für den ÖGD‘ sehr viele neue Stellen schaffen und besetzen. Bei der personellen Stärkung sind wir erfolgreich. Jetzt geht es darum, auch im Bereich der Digitalisierung und der Optimierung der täglichen Arbeitsprozesse weitere Fortschritte zu erzielen. Bei der Erstellung der Digitalisierungsstrategie haben wir neben den Erkenntnissen aus der Corona-Pandemie insbesondere die Erfahrungen und Impulse der Beschäftigten aus den Gesundheitsämtern zur Identifikation von Verbesserungspotenzialen berücksichtigt.“

Brandenburg ist nach Bayern und Niedersachsen das dritte Bundesland, dass eine Digitalisierungsstrategie im Rahmen des Paktes für den ÖGD erarbeitet hat.

Digitalisierungsstrategie

Die Digitalisierungsstrategie ist im Rahmen eines beteiligungsorientierten Verfahrens gemeinsam mit Beschäftigten der 18 Gesundheitsämter, dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) und dem Brandenburger Gesundheitsministerium im Zeitraum vom Oktober 2022 bis April 2023 erarbeitet worden. In mehreren Workshops wurden Probleme identifiziert, Bedarfe ermittelt, Maßnahmen entwickelt und die Umsetzung geplant. Die Erstellung und Umsetzung der Digitalisierungsstrategie wird im Rahmen des Paktes für den ÖGD von der Europäischen Union mit aktuell 11,4 Millionen Euro gefördert.

Die Digitalisierungsstrategie formuliert sieben Maßnahmenbündel, die insgesamt 28 Maßnahmen zusammenfassen. Die Realisierung der Vorhaben soll im Rahmen der Umsetzung des Paktes für den ÖGD bis Dezember 2026 erfolgen.

Die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie wird eingeleitet und soll im Herbst 2023 starten. Für die Umsetzung sind drei Ansätze geplant:

  1. Eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe, welche Maßnahmen umsetzt und die Erfahrungen allen Einrichtungen des ÖGD bereitstellt.
  2. Es gibt Einrichtungen des ÖGD, die Lösungen erproben und die Erkenntnisse teilen.
  3. Es gibt zentrale Entwicklungen. Koordiniert wird die Umsetzung der Maßnahmen durch eine Geschäftsstelle im Gesundheitsministerium.

Gesundheitsministerin Nonnemacher: „Digitalisierung passiert nicht von heute auf morgen und erledigt sich nicht allein durch die Beschaffung von Computern und Servern oder durch die Einführung einzelner Anwendungen und Tools. Digitalisierung beschränkt sich auch nicht auf eine Übertragung bestehender analoger Abläufe in ein digitales Umfeld, sondern hinterfragt bestehende Prozesse, identifiziert Medienbrüche, bei denen Daten manuell übertragen werden, und ermöglicht eine sichere und komfortable Kommunikation zwischen den eingesetzten Anwendungen, den beteiligten Akteuren und der Bevölkerung. Digitalisierung ist ein komplexes Vorhaben, das strategisch geplant und schrittweise angegangen werden muss. Nicht alle Maßnahmen werden bis Ende 2026 in allen Gesundheitsämtern vollständig umgesetzt sein. Aber diese Strategie wird landesweit einen enormen Schub bewirken. Wir werden damit die ÖGD-Beschäftigten deutlich von zeitaufwendigen Routineaufgaben entlasten, damit sie sich auf ihre wichtigen Fachaufgaben konzentrieren können.“

Bis Ende 2024 sollen bereits erhebliche Verbesserungen bei der Digitalisierung der Gesundheitsämter spürbar werden. Das Gesundheitsministerium des Landes Brandenburg wird alle Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Strategieumsetzung unterstützen und im Gesamtprozess eine aktive und moderierende Rolle einnehmen. Die kommunale Selbstverwaltung ermöglicht den Kommunen eine Priorisierung derjenigen Maßnahmen, die in den jeweiligen Einrichtungen die größte Relevanz aufweisen.

Die sieben Maßnahmenbündel im Einzelnen:

Maßnahmenbündel 1: Konzeptentwicklung

Bei der Erarbeitung der Digitalisierungsstrategie für den ÖGD im Land Brandenburg stellten die Fachexpertinnen und Fachexperten der Einrichtungen des ÖGD die Notwendigkeit einer Harmonisierung von IT-Strukturen und Prozessen als wesentlichen Erfolgsfaktor für die Digitalisierung des ÖGD fest. Demzufolge ist es wichtig, ein gemeinsames Verständnis für die Geschäftsprozesse, den Umgang mit Daten und Formularen sowie die technischen Anforderungen an die im ÖGD benötigten Fachanwendungen zu entwickeln und so eine flächendeckende Digitalisierung der Gesundheitsämter erreichen zu können. Diese Harmonisierung bildet den Kern des ersten großen Maßnahmenbündels der Strategie. Hier werden technische Standards vereinbart bzw. bestehende Standards in Umsetzungskonzepte für den ÖGD adaptiert.

Maßnahmenbündel 2: IT-Bereitstellung

Hard- und Softwareausstattungen bilden die technische Grundlage für die Digitalisierung. Im Rahmen der Corona-Pandemie und der Umsetzung des Paktes für den ÖGD erfolgten bereits weitreichende Investitionen in die IT-Strukturen des ÖGD. Das Maßnahmenbündel IT-Bereitstellung ermöglicht den Umgang mit zusätzlichen Investitionsbedarfen, die von den bisherigen Fördermittelausreichungen nicht berücksichtigt sind.

Maßnahmenbündel 3: Prozessdigitalisierung

Digitalisierung geht über den Einsatz spezialisierter Fachanwendungen und die Übersetzung analoger Prozesse in ein technisches Format hinaus. Digitalisierung hinterfragt bestehende Prozesse und ermöglicht eine sichere und komfortable Kommunikation zwischen den eingesetzten Anwendungen, den beteiligten Akteuren und der Bevölkerung. Somit ist es notwendig für jeden Geschäftsprozess zur Erledigung einer fachlichen Aufgabe, den Ist-Prozess zu identifizieren, zu analysieren und dann einen digitalisierten Soll-Prozess zu modellieren. Das Maßnahmenbündel 3 rückt insbesondere die „Ende-zu-Ende-Digitalisierung“ der Prozesse innerhalb des ÖGD in den Mittelpunkt.

Maßnahmenbündel 4: Datenmanagement

Im Rahmen des Datenmanagements geht es um die Herstellung von Interoperabilität zwischen den in den Geschäftsprozessen genutzten Fachanwendungen. So soll sichergestellt werden, dass Daten und Dokumente ohne eine Nacherfassung oder Doppeleingabe von einem System in ein anderes übernommen und weiterverarbeitet werden können.

Es soll ein Konzept für die Weiterentwicklung der Fachanwendungen entwickelt und umgesetzt werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem medienbruchfreien Datentransfer. Vorgesehen ist eine stärkere Standardisierung von Daten, Dokumenten und technischen Komponenten.

Maßnahmenbündel 5: Zugang zur Verwaltung

Der Zugang zur Verwaltung soll für Kundinnen und Kunden des Gesundheitsamts durch entsprechende Portale sichergestellt werden. Terminvereinbarungen sollen digital möglich sein und eine sichere elektronische Kommunikation gewährleistet werden.

Maßnahmenbündel 6: Vernetzung

Das Maßnahmenbündel adressiert die Verbesserung der digitalen Vernetzung und Kommunikation der Gesundheitsämter untereinander. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass eine digitale Kommunikation per E-Mail über Verteilergruppen an ihre Grenzen stößt, wenn die Informationsfrequenz steigt, der Adressatenkreis stetigen Veränderungen unterliegt, Unterlagen fortlaufend aktualisiert oder gemeinschaftlich erarbeitet werden müssen. Im Rahmen des Maßnahmenbündels sollen Kommunikations- und fachspezifische Austauschformate geschaffen werden.

Maßnahmenbündel 7: Mitarbeitende

Digitalisierungsmaßnahmen verändern das Arbeitsumfeld und die Geschäftsprozesse der Beschäftigten. Das Maßnahmenbündel 7 soll die Beschäftigten befähigen, sich in der umgestalteten Arbeitsumgebung gut zurechtzufinden. Es soll sichergestellt werden, dass die Beschäftigten über die Kompetenzen und Fähigkeiten verfügen, die für das digitale Arbeiten erforderlich sind. Dafür ist die Bereitstellung einer zentralen Schulungs- und Lernplattform ebenso geplant wie die Bereitstellung von Angeboten zu datenschutzrechtlichen Fragestellungen.

Personalaufbau im Land Brandenburg

Im Rahmen dieses ÖGD-Paktes stellt der Bund in den Jahren 2021 bis 2026 insgesamt vier Milliarden Euro für Personal, Digitalisierung und moderne Strukturen zur Verfügung.

Der ÖGD des Landes Brandenburg hat in 2021 und 2022 insgesamt 16,28 Millionen Euro, aus dem „Pakt für den ÖGD“ für den Personalaufbau erhalten. Davon erhielten die kommunalen Gesundheitsämter insgesamt 14,65 Millionen Euro. Bis zum Ende der Laufzeit des Paktes wird die personelle Stärkung des ÖGD im Land Brandenburg mit ca. 93,15 Millionen Euro gefördert werden. Die Auszahlung der Mittel erfolgt in Jahrestranchen. Die konkrete Verwendung der Stellen in den Gesundheitsämtern regeln die Landkreise und kreisfreien Städte in Eigenverantwortung.

  1. Tranche: Nach den Vorgaben des Bundes hätten damit im Land Brandenburg im Zeitraum vom 1. Februar 2020 bis zum 31. Dezember 2021 mindestens 46 neue unbefristete Stellen in den 18 kommunalen Gesundheitsämtern und in den Landesbehörden geschaffen werden sollen. Tatsächlich konnten sogar 73,88 Stellen geschaffen und besetzt werden (100 Prozent Besetzungsquote).
  2. Tranche: Nach den Vorgaben des Bundes sollten im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis zum 31. Dezember 2023 weitere 107 neue Stellen in den 18 kommunalen Gesundheitsämtern und in den Landesbehörden geschaffen werden. Geschaffen wurden allerdings sogar 125,08 zusätzliche Stellen, von denen bereits 42,95 mit Fachkräften besetzt werden konnten. Bei der Verteilung der Mittel werden auch Sonderaufgaben der Gesundheitsämter berücksichtigt. Sonderaufgaben sind regionale Schwerpunktaufgaben, deren Wahrnehmung mit zusätzlichen Belastungen in den Landkreisen und kreisfreuen Städten verbunden sind. Beispiele dafür sind die Betreuung des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) im Landkreis Dahme-Spreewald oder Aufgaben der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt durch den Landkreis Oder-Spree.

Gesundheitsministerin Nonnemacher: „Bei dem Personalaufbau können wir in Brandenburg eine positive Zwischenbilanz ziehen. Eine Vielzahl der Gesundheitsämter haben bereits in der ersten Tranche deutlich mehr Stellen geschaffen, als ursprünglich vom Bundesgesetzgeber gefordert waren. Insgesamt waren die Kommunen zur Schaffung von 138 Vollzeitäquivalenten im ÖGD aufgerufen. Tatsächlich wurden 184 Stellen in den kommunalen Gesundheitsbehörden geschaffen. In ganz Deutschland werden Fachkräfte im Bereich des Öffentlichen Gesundheitsdienstes gesucht. Die Besetzung wird immer schwieriger, der zunehmende Fachkräftemangel auch in diesem Bereich ein immer größer werdendes Problem. Umso wichtiger ist es, dass wir die Beschäftigten von vielen zeitaufwendigen Routineaufgaben, wie die händische Eingabe von Daten, befreien. Die Digitalisierung und die Optimierung von Arbeitsabläufen werden helfen, die Beschäftigten zu entlasten und nicht zuletzt die Arbeit im Öffentlichen Gesundheitsdienst für Fachpersonal attraktiver machen.“

 

Hintergrund

Der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) ist neben der ambulanten und stationären Versorgung ein zentraler Bereich des Gesundheitswesens. Der ÖGD nimmt bevölkerungsmedizinische Aufgaben in den Bereichen Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsförderung, Krankheitsverhütung und Schaffung gesunder Lebensbedingungen wahr.

Die Aufgaben werden im Land Brandenburg von den 18 kommunalen Gesundheitsämtern der Landkreise und kreisfreien Städte, dem Landesamt für Arbeitsschutz, Verbraucherschutz und Gesundheit (LAVG) sowie dem Gesundheitsministerium wahrgenommen.

Schwerpunkte sind die Gefahrenabwehr (Infektionsschutz, Hygiene, Umweltbezogener Gesundheitsschutz), der Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Zahnärztlicher Dienst), die Betreuung psychisch Kranker und abhängigkeitskranker Menschen sowie die Vermittlung und Koordinierung von gesundheitlichen Leistungen und Angeboten.

Zu den für die Bevölkerung sichtbaren Aufgaben der Gesundheitsämter zählen zum Beispiel kinderärztliche Untersuchungen, insbesondere die Schuleingangs- und Abgangsuntersuchungen, zahnmedizinische Gruppenprophylaxe in Kitas und Schulen, Hygieneüberwachungen, Begutachtungen im amtsärztlichen Dienst oder Umgebungsuntersuchungen bei Vorliegen von Infektionskrankheiten in Gemeinschaftseinrichtungen. Weitere Aufgaben sind Beratungen von Schwangeren und Schwangerschaftskonfliktberatungen, Kontroll- und Überwachungsaufgaben im Bereich der Krankenhaus-, Umwelt- und Seuchenhygiene sowie Beratungs- und Hilfsangebote für psychisch kranke Menschen. Die Gesundheitsämter führen beispielsweise in der Gastronomie für alle Beschäftigten Erstbelehrungen zu den Hygienevorschriften durch.