Ältere mit ihrer Lebenssituation zufrieden
Studie „Zur Situation Älterer im Land Brandenburg“ veröffentlicht
- Erschienen am - PresemitteilungDie große Mehrzahl der Seniorinnen und Senioren in Brandenburg ist mit ihrer Lebenssituation zufrieden. Das geht aus der Studie „Zur Situation Älterer im Land Brandenburg“ hervor, die Sozialministerin Ursula Nonnemacher und Brandenburgs Landesseniorenbeauftragter Norman Asmus heute in Potsdam vorgestellt haben. Besondere Herausforderungen sind die wachsende Bedeutung von Altersarmut, der zunehmende Pflegebedarf sowie die digitale Teilhabe Älterer. Die Studie wurde im Auftrag des Sozialministeriums von Dr. Christina Rauh und Prof. Dr. Joachim Klewes erstellt. Sie soll Grundlage für einen breit angelegten Beteiligungsprozess sein. So ist am 27. Oktober 2021 eine erste seniorenpolitische Fachtagung in Potsdam geplant.
Bis zum Jahr 2030 wird es der Studie zufolge einen schnellen Anstieg der älteren Bevölkerung im Land Brandenburg geben: Der Anteil der über 65-Jährigen wird von heute rund einem Viertel auf knapp ein Drittel der Landesbevölkerung zunehmen. Dann werden über 760.000 Seniorinnen und Senioren in Brandenburg leben, 130.000 mehr als heute. Brandenburg altert damit schneller als andere Regionen in Deutschland. Auf diese Entwicklung müssen sich Land und Kommunen einstellen, nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch im sogenannten „Speckgürtel“ rund um Berlin.
Sozialministerin Ursula Nonnemacher: „Zum Glück steigt die Lebenserwartung, in der Folge altert unsere Gesellschaft. Dieser Tatsache müssen wir uns stellen, und ich sehe darin auch zahlreiche Chancen. Heute sind Seniorinnen und Senioren so gesund, fit und zufrieden wie selten zuvor. Und wir sehen, dass ihre Lebenszufriedenheit über dem Bevölkerungsdurchschnitt liegt. Entscheidend ist: Das Alter wird immer vielfältiger. Es gibt nicht ‚die älteren Menschen‘, sondern ganz individuelle Lebenssituationen. Darauf müssen wir unsere Seniorenpolitik noch stärker ausrichten. Brandenburg kann Modellland werden für das Zusammenleben in einer älter werdenden Gesellschaft. Die Studie sehe ich dafür als eine Diskussionsgrundlage.“
Norman Asmus wurde vor einem Jahr zu Brandenburgs erstem Landesseniorenbeauftragten berufen. Gleich in den ersten Monaten seiner Tätigkeit hat er die Studie zur sozialen Lage Älterer initiiert. „Ziel war es, Daten und Fakten zusammenzutragen, aus denen Impulse und Ideen für die Weiterentwicklung der Seniorenpolitischen Leitlinien und neuer Maßnahmen entstehen können. Mir ist wichtig, dass wir in diesem beginnenden Prozess eine breite Beteiligung ermöglichen und der Vielfalt des Alters gerecht werden. Vom „Babyboomer“ bis zur Hundertjährigen, mit all ihren verschiedenen Interessen und Bedürfnissen.“
Die Studie geht auf die demografische, soziale und gesundheitliche Lage sowie auf die Teilhabe Älterer, ihre Lebenszufriedenheit und den Aspekt der Einsamkeit ein. Zu einzelnen Themenfeldern:
Altersarmut – eine wachsende Herausforderung: Aktuell ist nur ein geringer Teil der Brandenburger Seniorinnen und Senioren von Altersarmut betroffen. Im Jahr 2018 bezogen 634.653 Menschen in Brandenburg eine Altersrente. Der Durchschnittsbetrag lag bei 1.145 Euro. Zum Vergleich: Der durchschnittliche Zahlbetrag im Bundesgebiet liegt sechs Prozent höher – bei 1.219 Euro. Aber: Bei den Neurentnerinnen und -rentnern beziehen rund die Hälfte Renten unter 1.000 Euro.
Ein wichtiger Indikator für die Armut im Alter ist die Grundsicherungsquote. Sie liegt bei den Altersgruppen über 65 in Brandenburg bei 1,3 Prozent, was ca. 8.000 Seniorinnen und Senioren entspricht. Die Quote beträgt damit weniger als die Hälfte des Bundesdurchschnitts (3,1). Hinzu kommen geschätzt noch einmal so viele Seniorinnen und Senioren, da nach wissenschaftlichen Studien 40 bis 60 Prozent der Berechtigten die Grundsicherung im Alter nicht in Anspruch nehmen, obwohl sie ihnen zusteht (sog. „verdeckte“ Altersarmut).
Landesseniorenbeauftragter Asmus: „Die ,verdeckte‘ Altersarmut ist ein wichtiger Befund. Hier müssen wir ansetzen, in dem wir beispielsweise Treffpunkte für Ältere für diese Fragen sensibilisieren und qualifizieren. Für einkommensschwache Familien haben wir in Brandenburg Familienzentren an den Mehrgenerationenhäusern aufgebaut, in denen diese Beratung und Unterstützung erhalten können. Solche Strukturen müssen wir weiter entwickeln und für die ältere Generation erschließen.“
Gute Wohnsituation Älterer in Brandenburg: Den über 65-Jährigen in Brandenburg stehen durchschnittlich gut 80 Quadratmeter Wohnfläche pro Wohneinheit zur Verfügung. Eigentum und Miete sind dabei fast gleichermaßen verteilt. Der Großteil der Seniorinnen und Senioren in Brandenburg wird nicht durch hohe Mietkosten belastet. Im Durchschnitt müssen die über 65-Jährigen Brandenburger Mieterinnen und Mieter 21 Prozent ihres Haushaltsnettoeinkommens für Miete aufwenden. Es fehlt aber an barrierefreiem Wohnraum.
Die Pflegeversorgung wird in den kommenden zehn Jahren eine große Herausforderung sein. Schon heute beziehen über 150.000 Brandenburgerinnen und Brandenburger Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz. Dabei werden mit 82 Prozent überdurchschnittlich viele der Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege betreut. Aufgrund des weiter steigenden Pflegebedarfs und des altersbedingten Ausscheidens von Fachkräften müssen bis 2030 rund 44.000 Pflegekräfte für die Pflege gewonnen werden.
Freiwilliges Engagement von Seniorinnen und Senioren: In Brandenburg sind viele Menschen regelmäßig gesellschaftlich engagiert. In der Altersgruppe über 65 Jahren liegt der Prozentsatz freiwillig Engagierter bei 32,1 Prozent. Das ist im Bundesvergleich im unteren Mittelfeld. Untersuchungen zeigen, dass die Übernahme einer solchen Tätigkeit positive Auswirkungen auf das eigene Wohlbefinden hat. Engagement im Alter hängt von der Bildung, Gesundheit und von sozialräumlichen Gegebenheiten ab.
Nicht zuletzt durch die Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie wurde die zunehmende Bedeutung digitaler Kommunikationsmöglichkeiten sichtbar. Dies wird auch für die ältere Generation mit Blick auf ihre gesellschaftliche Teilhabe immer relevanter. „Kaum ein Thema hat die Älteren im ersten Jahr meiner Tätigkeit so beschäftigt, wie die Möglichkeit einer souveränen Nutzung digitaler Technik und Medien“, so Landesseniorenbeauftragter Asmus. „Viele sind bereits im Internet unterwegs, aber noch haben wir es mit einer digitalen Spaltung zu tun, bei der sich etliche Seniorinnen und Senioren den Schritt in die digitale Welt nicht zutrauen. Hier müssen wir durch niedrigschwellige Unterstützungsangebote dabei helfen, diese Hürde zu überwinden.“
Für die Studie wurden aus rund 120 unterschiedlichen Quellen Daten gesammelt und analysiert. Zudem wurden qualitative Experteninterviews geführt. Die Studie bietet eine komprimierte Zusammenstellung der Faktenlage über wesentliche seniorenpolitische Themenfelder.
Die Studie steht auf der Internetseite des Sozialministeriums zum Download bereit und kann in Kürze auch als gedruckte Fassung kostenfrei bestellt werden.