Hauptmenü

10 Jahre Hartz-IV / Diana Golze: Hartz-IV-Gesetz muss überarbeitet werden

- Erschienen am 29.12.2014

Vor 10 Jahren, am 1. Januar 2005, trat das sogenannte Hartz-IV-Gesetz in Kraft. Nach dem umstrittenen Prinzip des „Forderns und Förderns“ wurden damals die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für Erwerbsfähige zum neuen Arbeitslosengeld II zusammengelegt. Sozialministerin Diana Golze sagte heute in Potsdam: „Diese Arbeitsmarkt- und Sozialreform bleibt auch zehn Jahre nach Inkrafttreten eine große Dauerbaustelle. Die Bilanz ist verheerend. Das Ziel, Erwerbslose dauerhaft in den ersten Arbeitsmarkt, in anständige und ausreichend entlohnte Vollbeschäftigung zu integrieren, ist nicht im angedachten Maße erreicht worden. Das Armutsrisiko ist mit Hartz-IV gestiegen.“

Golze sagte weiter: „Viele Menschen wurden durch das Hartz-IV-System massiv unter Druck gesetzt. Statt sinnvoll und bedarfsgerecht zu fördern wurde in erster Linie gefordert. Die Menschen wurden in Maßnahmen gedrückt, die ihnen in vielen Fällen überhaupt nicht weiterhalfen. Und aus Angst vor Sanktionen haben sie das natürlich mitgemacht. Schon lange ist klar, dass das bestehende Hartz-IV-System vielen Menschen einfach nicht helfen kann. Wir brauchen dringend praxistaugliche Regelungen zur Existenzsicherung, die für die Betroffenen nachvollziehbar und durch die MitarbeiterInnen in den Jobcentern leicht umzusetzen sind.“

Ministerin Golze sagte: „Die Hartz-IV-Regelungen müssen überarbeitet werden. Am wichtigsten ist es, dass Erwerbslose von den Jobcentern die Beratung und Hilfe bekommen, die sie brauchen. Heute muss mehr als die Hälfte der erwerbsfähigen Hartz-IV-Empfänger in Brandenburg vier Jahre und länger von Hartz IV leben. Auf das Fördern warten sie oft vergeblich. Vor allem ältere Menschen, Geringqualifizierte und alleinerziehende Frauen sind davon betroffen. Diese Menschen brauchen bedarfsgerechte und passgenaue Angebote, um wieder eine dauerhafte Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Auch heute, zehn Jahre nach dem Start von Hartz-IV, geht das Förderrecht immer noch an den Bedarfen und Bedürfnissen vieler Menschen vorbei. Und die finanzielle Ausstattung der Jobcenter ist in den vergangenen Jahren durch den Bund derart verschlechtert worden, dass eine Realisierung des Grundsatzes von ‚Fördern und Fordern‘ kaum möglich ist. Das kann sich ein Sozialstaat wie Deutschland, der zudem auch einen enormen Fachkräftebedarf hat, einfach nicht länger leisten.“

Zwar ist es richtig, dass sich in den vergangenen zehn Jahren die Zahl der Erwerbslosen in Brandenburg nahezu halbiert hat und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 90.000 auf heute 806.000 angestiegen ist, so Golze. „Das hat aber nicht allein etwas mit der Schaffung guter Arbeitsplätze zu tun. Die Zunahme der Erwerbstätigkeit in den vergangenen zehn Jahren ist vor allem auf einen Anstieg der Teilzeitbeschäftigten, Arbeit zu Niedriglöhnen und prekärer Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit zurückzuführen. Auch die anhaltend hohe Zahl der sogenannten Aufstocker ist alarmierend. Wer jeden Tag hart arbeiten geht, der muss von seinem Lohn auch leben können, ohne zusätzlich auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sein zu müssen“, betonte die Ministerin.

Auch das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit konnte Hartz IV nicht lösen. Golze sagte: „Nach wie vor haben wir mit einer verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit zu kämpfen. In Brandenburg liegt der Anteil der Langzeitarbeitslosen bei über 40 Prozent. Über 50.000 Menschen sind seit mehr als einem Jahr ohne Arbeit. Diese Menschen müssen wir noch viel stärker unterstützen. Zum Beispiel mit öffentlich geförderter Beschäftigung und mit einer intensiven Betreuung. Das Land Brandenburg wird Mitte 2015 das neue Förderprogramm „Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose und Familienbedarfsgemeinschaften in Brandenburg“ starten. Damit sollen besonders benachteiligte Langzeitarbeitslose und Erwerbslose mit minderjährigen Kindern intensiv gefördert werden. Unser Ziel ist es, sie langfristig und nachhaltig in reguläre Arbeit zu integrieren."

Hartz-IV habe in Deutschland insbesondere auch die Kinderarmut verschärft. Golze fordert Sozialleistungen, die Kinderarmut verhindern und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen: „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Die Regelleistungen für Kinder müssen eigenständig ermittelt und endlich erhöht werden. Wir brauchen eine sachgerechte und armutsfeste Grundsicherung für Kinder.“

In Brandenburg gibt es derzeit rund 242.000 Menschen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, darunter gelten 182.000 Menschen als erwerbsfähig. Im Januar 2005, als das Hartz-IV-Gesetz in Kraft trat, gab es in Brandenburg über 303.000 Menschen, die Leistungen nach dem SGB II bezogen, darunter über 237.000 erwerbsfähige Menschen.

Abbinder

Datum
29.12.2014