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IAB-Betriebspanel Brandenburg 2014

Golze: Arbeitskräftenachfrage auf hohem Niveau

- Erschienen am 28.08.2015 - Presemitteilung 126/2015

Die Nachfrage nach Fachkräften ist in Brandenburg kräftig gestiegen: Im ersten Halbjahr 2014 suchten die Betriebe für rund 59.000 Stellenangebote Fachkräfte – der bisherige Höchstwert. Jede vierte Stelle blieb zum gewünschten Einstellungstermin unbesetzt. Für viele Betriebe hat auch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang des Jahres Folgen: So arbeiteten noch im Jahr 2014 in 22 Prozent der Betriebe mindestens ein Mitarbeiter für weniger als 8,50 Euro Stundenlohn. Das geht aus dem neuen IAB-Betriebspanel Brandenburg 2014 hervor, das Arbeitsministerin Diana Golze heute in Potsdam vorstellte. Dafür wurden 981 märkische Betriebe von Juli bis Oktober 2014 zur Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Situation und der Beschäftigung durch TNS Infratest Sozialforschung befragt. Die Daten wertete das Institut für sozialökonomische Strukturanalysen (SÖSTRA) unter Leitung von Dr. Vera Dahms aus.

Diana Golze sagte: „Der Brandenburger Arbeitsmarkt entwickelt sich weiter positiv. Die Arbeitskräftenachfrage ist auf einem hohen Niveau. Bisher ist es noch immer gelungen, die Mehrzahl der verfügbaren Fachkräftestellen zu besetzen, aber die Sicherung des Bedarfs an qualifiziertem Personal wird für Brandenburgs Betriebe eine immer größere Herausforderung. Diese Situation bietet vor allem jungen Menschen gute berufliche Möglichkeiten. Unternehmen müssen frühzeitig auf sie zugehen und mit guten Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen sowie guter Bezahlung um sie werben. Das allein wird aber nicht ausreichen. Unternehmen müssen bei der Fachkräftesuche aber auch noch viel stärker ältere Arbeitslose berücksichtigen. Mit entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen können sie für die Stellenanforderungen fit gemacht werden. Auch in der unfreiwilligen Teilzeitarbeit schlummert noch ein großes Fachkräftepotential. Wir wissen, dass rund 40 Prozent aller teilzeitbeschäftigten Frauen gerne länger arbeiten möchten, aber keine entsprechenden Arbeitsangebote finden.“

Dr. Vera Dahms erklärte: „Brandenburgs Betriebe haben erkannt, dass sie auch selbst mehr Anstrengungen aufbringen müssen, um den bestehenden Bedarf an Fachkräften künftig decken zu können. Dabei werden sowohl kurz- als auch längerfristige Strategien verfolgt. So spielt beispielsweise die betriebliche Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine sehr große Rolle. Gleichzeitig übernehmen immer mehr Betriebe die selbst ausgebildeten Jugendlichen. Außerdem werden die Arbeitsbedingungen deutlich attraktiver gestaltet, Wünsche der Beschäftigten stärker berücksichtigt und in Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf investiert. Damit soll nicht nur die Mitarbeiterfluktuation verringert werden, sondern Betriebe sehen darin auch eine gute Möglichkeit, sich gegenüber qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern für angebotene Fachkräftestelle als interessanter und attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.“

Im ersten Halbjahr 2014 wurden in Brandenburg rund 44.000 Fachkräfte eingestellt, 3.000 mehr als im ersten Halbjahr 2013. Die Nichtbesetzungsquote lag bei 25 Prozent und ist damit um fünf Prozentpunkte gestiegen: rund 15.000 Stellen konnten im ersten Halbjahr 2014 nicht wie gewünscht besetzt werden, im ersten Halbjahr 2013 waren es 10.000. Damit wurden in Brandenburg sowohl bei der Zahl der Einstellungen als auch bei der Zahl der unbesetzten Fachkräftestellen neue Höchstwerte erreicht.

Ein Schwerpunkt des neuen IAB-Betriebspanels ist der allgemeine gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro, der seit dem 1. Januar 2015 flächendeckend – aber noch mit einer Reihe von Ausnahme- und Übergangsregelungen – in Deutschland gilt. Die Befragung zeigt: Stundenlöhne unterhalb der neuen Mindestlohnschwelle waren 2014 in Brandenburg wesentlich stärker verbreitet als in Westdeutschland. So arbeitete in 22 Prozent aller Betriebe mindestens ein Mitarbeiter für weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde (Ostdeutschland: 23 Prozent, Westdeutschland: 9 Prozent).

Nach den vorliegenden betrieblichen Angaben verdienten 2014 in Brandenburg hochgerechnet über 115.000 Beschäftigte weniger als 8,50 Euro in der Stunde. Das sind 13 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Zum Vergleich: In Ostdeutschland betrug dieser Anteil elf Prozent, in Westdeutschland sogar nur drei Prozent. Betroffen waren nicht nur Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten, sondern in beachtlichem Umfang auch qualifizierte Fachkräfte – ein großer Unterschied zu Westdeutschland.

Golze betonte: „Das zeigt noch einmal nachdrücklich, wie wichtig die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns für die Menschen in Brandenburg war. Die Arbeitsmarktzahlen im ersten Halbjahr 2015 belegen, dass die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung hat. Die massive Arbeitsplatzvernichtung, die viele Kritiker vorhersehen wollten, gab es nicht. Im Gegenteil: Dank des Mindestlohns haben sich die Beschäftigungsbedingungen in Deutschland deutlich verbessert. Der gesetzliche Mindestlohn ist eine wirksame Maßnahme gegen Lohndumping. Und höhere Löhne sind ein wichtiger Beitrag für mehr Wachstum, was wieder zu mehr Beschäftigung führt.“

Die Löhne und Gehälter sind weiter gestiegen – aber die Unterschiede zwischen Brandenburg und Westdeutschland verringern sich nicht: Der monatliche Bruttodurchschnittslohn lag in Brandenburg laut Betriebspanel im Juni 2014 bei 2.020 Euro, das sind im Vergleich zum Vorjahr 40 Euro mehr (Ostdeutschland: 2.100 Euro, Westdeutschland: 2.530 Euro). Seit Mitte der 1990er Jahre liegen die Durchschnittslöhne in Brandenburg unterhalb der ostdeutschen Durchschnittswerte. Der Abstand zum Lohnniveau im Westen hat sich leicht vergrößert: Die Lohnangleichung lag bei 80 Prozent im Vergleich zu Westdeutschland (2011 bis 2013: jeweils 81 Prozent). Damit ist der Wert aus dem Jahr 2010 wieder erreicht.

Golze sagte: „25 Jahre nach der Wiedervereinigung sind wir von einer Lohnangleichung immer noch weit entfernt. Das kann man nicht mit den angeblich niedrigeren Lebenshaltungskosten im Osten rechtfertigen, denn das trifft nicht zu. Die tariflichen Löhne und Arbeitszeiten in Ost und West müssen endlich angeglichen werden. Hier sind vor allem die Tarifpartner gefragt.“

Die Tarifbindung hat sich in Brandenburg stabilisiert: 24 Prozent der Betriebe sind tarifgebunden. Damit erreicht die Tarifbindung mit 49 Prozent knapp die Hälfte aller Beschäftigten (Ostdeutschland: etwa 20 Prozent der Betriebe mit 46 Prozent der Beschäftigten, Westdeutschland: 34 Prozent der Betriebe mit 60 Prozent der Beschäftigten). Das Betriebspanel zeigt, dass sich darüber hinaus weitere 32 Prozent der märkischen Betriebe mit 23 Prozent aller Beschäftigten bei der Bezahlung an Tarifverträgen zumindest orientieren.

Die betriebliche Ausbildungsbeteiligung ist im vergangenen Jahr auf einen Tiefstwert gesunken: 55 Prozent aller Betriebe haben eine Ausbildungsberechtigung (2013: 56 Prozent). Aber nur 38 Prozent davon bildeten im Jahr 2014 aus, ein Jahr zuvor waren es noch 39 Prozent. Damit liegt Brandenburg weiter unter dem ostdeutschen Durchschnitt (44 Prozent). Insgesamt bildeten von allen Betrieben in Brandenburg 2014 21 Prozent aus (Ostdeutschland: 23 Prozent, Westdeutschland: 30 Prozent).

Es gibt weiter Schwierigkeiten bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen: 55 Prozent der Betriebe, die in 2014 Ausbildungsplätze angeboten haben, konnten mindestens eine Stelle nicht besetzen. Damit hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr verbessert (2013: 65 Prozent), aber die Besetzungsprobleme fallen in Brandenburg deutlich größer aus als in Westdeutschland (25 Prozent) und auch höher als in Ostdeutschland (48 Prozent).

Von allen angebotenen Lehrstellen im Land Brandenburg blieben 39 Prozent unbesetzt (Ostdeutschland: 35 Prozent, Westdeutschland: 17 Prozent). Damit haben sich die Besetzungsprobleme bei Ausbildungsplätzen gegenüber dem Vorjahr zwar um sieben Prozentpunkte verringert, dennoch stehen die Betriebe hier weiterhin vor großen Herausforderungen.

Die Übernahmequote befindet sich weiter auf einem hohen Niveau, ist aber leicht zurückgegangen: 59 Prozent der Ausbildungsabsolventen wurden 2014 von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen (2012 und 2013 betrug die Übernahmequote jeweils 62 Prozent). Damit liegt Brandenburg bei der Übernahmequote wieder unter dem Durchschnitt der Ost-Länder von 63 Prozent, im Westen lag die Quote bei 67 Prozent.

Golze sagte: „Die hohe Übernahmequote ist erfreulich und spiegelt den Fachkräftebedarf wider. Aber dass sich nur jeder fünfte Betrieb an der Ausbildung im Land Brandenburg beteiligt, ist zu wenig. Der Anteil ausbildender Betriebe muss steigen. Wir brauchen mehr Ausbildungsplätze, auch wenn die Schülerzahlen sinken. Das klingt zwar paradox, aber wenn Jugendliche ihren Wunschberuf nicht in Brandenburg erlernen können, ist die Gefahr sehr groß, dass sie die Heimat verlassen. Sie zurückzuholen, erfordert deutlich mehr Kraft und Anstrengung.“

Betriebliche Weiterbildung gehört nach wie vor zu den wichtigsten Strategien der Brandenburger Betriebe, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. Das Weiterbildungsengagement von Betrieben und Beschäftigen ist in 2014 gestiegen: Der Anteil weiterbildender Betriebe war im Jahr 2014 mit 55 Prozent etwas höher als im Vorjahr (52 Prozent). Damit liegt Brandenburg auf dem Niveau von Ostdeutschland und über dem von Westdeutschland (53 Prozent). 37 Prozent aller Beschäftigten nahmen im ersten Halbjahr 2014 an einer Weiterbildung teil (Ostdeutschland: 37 Prozent, Westdeutschland: 34 Prozent). Damit lag die Weiterbildungsquote drei Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Berufliche Weiterbildungen werden vor allem im Bereich Erziehung und Unterricht sowie im Gesundheits- und Sozialwesen genutzt. Hier unterstützen 83 bzw. 68 Prozent der Betriebe die Weiterbildung ihrer Beschäftigungen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit führt mit dem Brandenburger Arbeitsministerium seit 1996 jährlich die repräsentative Arbeitgeberbefragung für das Betriebspanel durch. In dieser Längsschnitterhebung werden jedes Jahr dieselben Betriebe befragt. Die Befragung erfolgte durch TNS Infratest Sozialforschung, den Auswertungsbericht für Brandenburg erstellte SÖSTRA. Die Analyse wird aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert.

Der Gesamtbericht ist im Internet unter www.masgf.brandenburg.de eingestellt.

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Ident-Nr
126/2015
Datum
28.08.2015