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Bad Freienwalde bleibt vorerst „Moorheilbad“ – Gesundheitsministerium erteilt klare Auflagen

- Erschienen am 25.05.2016 - Presemitteilung 077/2016

Bad Freienwalde darf vorerst das Prädikat „Moorheilbad“ behalten. Das hat Gesundheitsministerin Diana Golze entschieden. Das Gesundheitsministerium erteilt dem Kurort im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium aber klare Auflagen. Sollte Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) nur eine der vier Auflagen nicht fristgerecht erfüllen, würde umgehend ein Widerrufsverfahren mit dem Ziel der Aberkennung des Prädikates „Moorheilbad“ eingeleitet werden.

Gesundheitsministerin Golze erklärte: „Ein Kurort-Titel ist ein hohes Prädikat, ein Gütesiegel, das in allen Ländern strengen Kriterien der jeweiligen Kurortegesetze unterliegt. Das ist die Voraussetzung für einen vergleichbaren Nachweis für höchste Qualität. Alle Kurorte und Heilbäder in Deutschland stehen deshalb in der gleichen Verpflichtung, die Erwartungen ihrer Gäste mit einem besonderen Ortscharakter, hohen Qualitätsstandards an Unterkünfte, gesundheitsfördernden Kur-Angeboten sowie ausreichend therapeutischen Möglichkeiten, einer entsprechenden Umweltqualität und gesundheitstouristischen Infrastruktur zu erfüllen.“

Golze betonte: „Bad Freienwalde hat trotz intensiver Begleitung des Landesfachbeirates für Kurorte und Erholungsorte die zu erwartende Qualität eines ‚Moorheilbades‘ – das höchste Prädikat, das in Deutschland in diesem Bereich vergeben wird – noch nicht erreicht. Die Verantwortung und Entscheidungshoheit, ob alles dafür unternommen wird, die Qualitätsansprüche zu erfüllen, liegen bei der Kommune. Die Verantwortlichen in Bad Freienwalde bekommen nun letztmalig eine Chance, durch eigenes Tun und verbindliche Maßnahmen das mehrfach bekundete Bemühen um die Erhaltung des Prädikates als ‚Moorheilbad‘ unter Beweis zu stellen. Ich erwarte auch von Landrat Gernot Schmidt und vom Brandenburgischen Kurorte- und Bäderverband, die sich beide in den vergangenen Wochen gegen eine Aberkennung ausgesprochen haben, die Stadt Bad Freienwalde nach Kräften zu unterstützen. Den Worten müssen jetzt weitere Taten folgen.“

Die Stadt Bad Freienwalde muss folgende Auflagen erfüllen:

  1. Rückbau der Stadtbrücke B 158: Bis zum 30. Juni 2016 muss Bad Freienwalde dem Infrastrukturministerium ein Angebot zum Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung über die verbindliche Ausführungsvariante zum Rückbau der Stadtbrücke B 158 unterbreiten. Sie hat in ihrem Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich darüber hinaus auch alle sonstigen zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen oder zu dulden, damit der Rückbau der Stadtbrücke B 158 nicht aus Gründen verzögert wird, die die Stadt zu vertreten hat.
  2. Flächennutzungsplan: Bis zum 31. Dezember 2016 hat die Stadt Bad Freienwalde durch einen rechtswirksamen Flächennutzungsplan den Nachweis zu erbringen, dass Kur- und Erholungsgebiete als Sondergebiete in ausreichender Anzahl ausgewiesen sind.
  3. Kurort-Entwicklungskonzeption: Zur Sicherung einer strategisch-konzeptionellen und nachhaltigen Entwicklungsperspektive als Kurort mit einem besonderen Ortscharakter und einer ausgeprägten gesundheitstouristischen Infrastruktur muss die Stadt bis zum 30. Juni 2017 eine auf Gesundheitstourismus ausgerichtete, von der Stadtverordnetenversammlung beschlossene Kurort-Entwicklungskonzeption dem Gesundheitsministerium vorlegen. Die Kurort-Entwicklungskonzeption muss einen Maßnahmenkatalog und den Zeitplan für deren Realisierung enthalten.
  4. Verbesserung der kurörtlichen Angebote und Infrastruktur: Die Stadt Bad Freienwalde hat dem Landesfachbeirat für Kurorte und Erholungsorte bis zum 30. Juni 2020 u. a. über die Umsetzung der Kurort-Entwicklungskonzeption, über praktische Maßnahmen zur Verbesserung und Erweiterung der kurörtlichen Angebote und Infrastruktur und deren Umsetzung sowie über die aktive Begleitung und Unterstützung von Maßnahmen der Stadt zur qualitativen und quantitativen Weiterentwicklung von gastronomischen Einrichtungen und Beherbergungsbetrieben zu berichten.

Golze sagte: „Kommunen stellen freiwillig den Antrag auf staatliche Anerkennung als Kurort. Und jeder Kurort hat auch die Freiheit, seine individuellen Konzepte und Ideen umzusetzen. Nur so können sich Kurorte voneinander unterscheiden und mit eigenen Schwerpunkten und Besonderheiten im Wettbewerb behaupten. Im Fall Bad Freienwalde müssen wir aber feststellen, dass ohne die intensive und fachkundige Beratung des Landesfachbeirates in den zurückliegenden Jahren die Verantwortlichen der Stadt sicher nicht zu der Einsicht gekommen wären, das sie endlich konkrete Maßnahmen umsetzen müssen, um das Prädikat ‚Moorheilbad‘ zu behalten. In den vergangenen zwölf Monaten ist ein Ruck durch die Stadt gegangen. Viele Akteure haben die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten kontrovers diskutiert und es wurden wichtige Entscheidungen getroffen. Dieser Schwung, diese Einsicht sollte nun dringend genutzt werden.“

Wenn Bad Freienwalde diese vier Auflagen vollständig erfüllt hat, wird der Landesfachbeirat für Kurorte und Erholungsorte (LFB) Stellung dazu nehmen, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung der Stadt Bad Freienwalde als „Moorheilbad“ tatsächlich und vollständig gesichert sind.

Hintergrund

Bad Freienwalde ist der älteste Kurort Brandenburgs. Im Jahr 1683 wurde hier eine mineralhaltige Quelle mit heilkräftigem Wasser entdeckt. Ab 1684 begann die Entwicklung des planmäßigen Heilquellenbetriebes durch Kurfürst Friedrich Wilhelm, der die Heilquelle selbst nutzte und den Ort einen „Gesundbrunnen“ nannte. 1924 erhielt die Stadt den Bäderstatus. Seitdem darf sich der Ort „Bad“ Freienwalde nennen.

Nach dem Brandenburgischen Kurortegesetz erhielt Bad Freienwalde 1995 die vorläufige staatliche Anerkennung als Moorheilbad. Sie war zunächst bis Ende 2003 befristet. Am 15. Dezember 2003 überreichte der damalige Gesundheitsminister Günter Baaske der Stadt die Urkunde zur unbefristeten staatlichen Anerkennung – mit Auflagen (u. a. Ortsumfahrung bzw. Umverlegung der B 158 mit Rückbau der das Stadtbild störenden Brücke sowie ein Flächennutzungsplan, der Kur- und Erholungsgebiete als Sondergebiete in ausreichender Anzahl ausweist).

Entsprechend einer Empfehlung des Deutschen Heilbäderverbandes hatte der LFB im Jahr 2003 festgelegt, die Voraussetzungen für die staatliche Anerkennung in allen Kur- und Erholungsorten in Abständen von zehn Jahren zu überprüfen. Danach überprüfte der LFB im Rahmen einer Visitation des Moorheilbades Bad Freienwalde am 9. Juli 2013 routinemäßig, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Prädikatisierung noch gegeben sind und die erteilten Auflagen von der Stadt zwischenzeitlich erfüllt wurden.

Dabei musste das Fachgremium u.a. feststellen, dass die erteilten Auflagen zur B 158 und zum Flächennutzungsplan nicht erfüllt waren, dass dem Kurmittelhaus als die kurortspezifische Einrichtung die Schließung drohte, keine relevanten Weiterentwicklungen im engeren Kurortbereich zu verzeichnen waren, der am 18. Juli 2013 erforderliche Lärmaktionsplan noch nicht einmal beauftragt war, bei der Stadtentwicklung die spezifischen Aspekte der Kurortentwicklung nicht berücksichtigt wurden und dass die Vermarktung ausschließlich touristischen Charakter beinhaltete. So waren die gesetzlichen Voraussetzungen nach dem Brandenburgischen Kurortegesetz nicht erfüllt – das Prädikat wäre zu diesem Zeitpunkt abzuerkennen.

Der LFB hatte – auch wegen der Tragweite einer Aberkennung – dann aber entschieden, zunächst ein Überprüfungsverfahren einzuleiten und der Stadt in 2013 und 2014 mit Briefen und in Beratungsgesprächen Hinweise zu geben, mit welchen konkreten Maßnahmen eine Aberkennung vermieden werden könnte. Die Schließung des Kurmittelhauses konnte zwar abgewendet werden, aber alle anderen Hinweise wurden von der Stadt bis Anfang 2015 nicht aufgegriffen.

In seiner Sitzung am 30. April 2015 kam der LFB zum Ergebnis, „dass die Stadt Bad Freienwalde die gesetzlich geforderten Anerkennungsvoraussetzungen für das Prädikat „Moorheilbad“ nicht nur vorübergehend nicht erfüllt“, und empfahl Gesundheitsministerin Diana Golze deswegen „die Aberkennung der staatlichen Anerkennung als Moorheilbad“. Unter Berücksichtigung der Tragweite einer Aberkennung des Prädikats empfahl der LFB allerdings auch, das Verfahren bis zum 30. September 2015 auszusetzen und damit der Stadt Bad Freienwalde die Möglichkeit zu geben, den bisherigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zu korrigieren und so den Rückbau der den Ort durchschneidenden Brücke der B 158 zu ermöglichen. Der Bürgermeister wurde um eine Stellungnahme zu den Defiziten gebeten. Der LFB hat die weitere Entwicklung in seiner Sitzung am 23. Oktober 2015 berücksichtigt und sich erneut eindeutig für die Aberkennung der staatlichen Anerkennung als Moorheilbad ausgesprochen.

Nach dem Brandenburgischen Kurortegesetz hat der Landesfachbeirat für Kurorte und Erholungsorte die Aufgabe, das Gesundheitsministerium und das Wirtschaftsministerium in allen das Kur- und Bäderwesen sowie die Erholungsorte betreffenden Angelegenheiten zu beraten. Dem Landesfachbeirat gehören mit je einem Mitglied das Gesundheitsministerium, das Wirtschaftsministerium, das Innenministerium, das Umweltministerium, der Brandenburgische Kurorte- und Bäderverband, der Landesfremdenverkehrsverband Brandenburg, der Städte- und Gemeindebund Land Brandenburg und die Landesarbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Brandenburg an. Der Landesfachbeirat wird um Mitglieder aus dem wissenschaftlichen Bereich ergänzt.

Das Gesundheitsministerium kann im Einvernehmen mit dem Wirtschaftsministerium die staatliche Anerkennung unter anderem zurücknehmen, wenn eine ihrer wesentlichen Voraussetzungen nicht nur vorübergehend entfallen ist oder eine mit der staatlichen Anerkennung verbundene Auflage nicht erfüllt wurde (§ 13 Brandenburgisches Kurortegesetz – BbgKOG). Vor der Rücknahme sind die betroffene Gemeinde und der LFB anzuhören.

In Brandenburg gibt es acht staatlich anerkannte Kurorte und Heilbäder: das Thermalsoleheilbad Bad Belzig, das Moorheilbad Bad Freienwalde, das Moorheilbad Bad Liebenwerda, das Thermalsole- und Moorheilbad Bad Saarow, das Thermalsole- und Moorheilbad Bad Wilsnack, Brandenburgs einziger Kneipp-Kurort Buckow, Burg im Spreewald – ein Ort mit Heilquellenkurbetrieb, sowie das Thermalsoleheilbad Templin. Die Interessen werden von dem Verein „Brandenburgischer Kurorte- und Bäderverband“ vertreten (www.kurorte-land-brandenburg.de).

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Ident-Nr
077/2016
Datum
25.05.2016
Rubrik
Gesundheit