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Sozialministerin Diana Golze will Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket weiterentwickeln

- Erschienen am 24.04.2015 - Presemitteilung 055/2015

Das Behindertenpolitische Maßnahmenpaket für das Land Brandenburg soll weiterentwickelt und fortgeführt werden. Das sagte Sozialministerin Diana Golze heute in Potsdam. Im Sozialministerium stellte sie gemeinsam mit dem Landesbehindertenbeauftragten Jürgen Dusel den Abschlussbericht zum ersten Behindertenpolitischen Maßnahmenpaket der rot-roten Landesregierung vor. Daran nahm auch Marianne Seibert, Vorsitzende des Landesbehindertenbeirates, teil. Golze sagte: „Das Aktionsprogramm mit seinen 136 konkreten Maßnahmen war erfolgreich. Mit der Umsetzung hat sich die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben in den vergangenen vier Jahren in Brandenburg spürbar verbessert. Diesen Weg werden wir konsequent weitergehen.“

Die unabhängige Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention des Deutschen Instituts für Menschenrechte, die die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland überwacht, hat im Auftrag des Sozialministeriums das Maßnahmenpaket bewertet. Der Bericht der Monitoring-Stelle ist im Abschlussbericht enthalten. Darin heißt es: „Das Behindertenpolitische Maßnahmenpaket für das Land Brandenburg setzt einen wichtigen Impuls für das Land Brandenburg, um die UN- Behindertenrechtskonvention als Umsetzungsauftrag in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zu verankern. Auf seiner Grundlage sind wertvolle Entwicklungen angestoßen worden, die Brandenburg – auch im Bundesvergleich – auf dem Weg zur Umsetzung der Konvention spürbar vorangebracht haben. Gleichwohl sind kurz-, mittel- und langfristig weiterhin große Anstrengungen erforderlich, um die Rechte von Menschen mit Behinderungen voll zu verwirklichen.“

Golze sagte: „Brandenburg ist im Ländervergleich Vorreiter bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft gibt es aber noch sehr viel zu tun, damit wirklich alle Menschen – ob mit oder ohne Behinderung – in allen Lebensbereichen uneingeschränkt teilhaben können. Das ist ein langer Prozess. Wichtige Themen für die Fortschreibung des Maßnahmenpaketes werden die Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen, die Förderung von inklusiven Sozialräumen vor allem für ältere Menschen sowie der Ausbau von Beschäftigungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt sein.“

Dusel sagte: „Ohne Zweifel hat das Behindertenpolitische Maßnahmenpaket wichtige Impulse auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft gesetzt. Über die im Maßnahmenpaket vereinbarten Maßnahmen hinaus konnten zusätzlich sogar 10 weitere Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden. Zu nennen sind hier beispielsweise die Etablierung einer Koordinierungsstelle „Inklusives Aufwachsen“ oder die Erarbeitung einer Studie zum Übergang aus Werkstätten für behinderte Menschen auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt. Dies begrüße ich ausdrücklich. Die Inklusion hat Fahrt aufgenommen. Wir sind allerdings noch lange nicht am Ziel. Inklusion ist eine Haltungsfrage. Wichtig für mich bleibt weiterhin der Abbau von Teilhabebarrieren in unserer Gesellschaft. Wer Inklusion will, findet Wege. Wer keine will, findet Begründungen. Ich will Inklusion, denn es geht um soziale Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderungen in unserem Land!“

Der Abschlussbericht enthält auch eine Einschätzung des Landesbehindertenbeirates Brandenburg. Dessen Vorsitzende Marianne Seibert sagte: „Die Behindertenpolitik hat sich mit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 auch in Brandenburg stark verändert. Es fand ein Umdenken statt. Menschen mit Behinderungen werden bei Entscheidungen immer stärker mit beteiligt. Trotz aller Errungenschaften sehen sich aber viele Menschen mit Behinderungen nach wie vor als benachteiligt und vom gesellschaftlichen Leben ausgegrenzt an. Dringender Handlungsbedarf besteht im Hinblick auf die Barrierefreiheit. Sie ist eine Grundvoraussetzung für die selbstbestimmte Teilhabe am Leben der Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft.“

Als zweites Bundesland nach Rheinland-Pfalz hat Brandenburg im November 2011 einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschlossen, dem eine umfangreiche Beteiligungsphase voraus ging. Über 1.000 Menschen beteiligten sich landesweit an fünf Regionalkonferenzen zur Behindertenpolitik. Das 80-seitge Maßnahmenpaket beinhaltet einen Maßnahmenkatalog in acht Handlungsfeldern „Erziehung und Bildung“, „Arbeit und Beschäftigung“, „Inklusiver Sozialraum und Wohnen“, „Barrierefreiheit: Mobilität, Kommunikation, Information“, „Gesundheit und Pflege“, „Tourismus, Kultur, Freizeit, Sport“, „Selbstbestimmtes Leben, Freiheits- und Schutzrechte“ sowie „Bewusstseinsbildung, Partizipation und Interessenvertretung“. An der Zusammenstellung und Umsetzung haben alle Ministerien und die Staatskanzlei mitgewirkt.

Auswahl von Ergebnissen der Bilanz zum Maßnahmenpaket

Erziehung und Bildung: Im Land Brandenburg hat der gemeinsame Unterricht von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf an den allgemeinbildendenden Schulen Vorrang. Bundesweit haben im Schuljahr 2012/2013 etwa 28 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischen Förderbedarfen eine allgemeinbildende Schule besucht, in Brandenburg waren es bereits 42 Prozent. Im Bereich der Hochschulausbildung wurden der gleichberechtigte Zugang und die Chancengleichheit für Studierende mit und ohne Behinderung vorangebracht. Beispielgebend dafür sind die Projekte „Back UP team“, ein Beratungsangebot der Psychologischen Beratungsstelle der Universität Potsdam, und „Eine Universität für alle – Studium mit gesundheitlicher Beeinträchtigung.“

Arbeit und Beschäftigung: Die Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben sich für Menschen mit Behinderungen in Brandenburg verbessert. In den vergangenen vier Jahren sank die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen mit einer Schwerbehinderung um 16 Prozent, im gesamten Bundesgebiet hat diese Zahl im gleichen Zeitraum leicht zugenommen. Mit Programmen des Landes konnten gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit fast 400 neue dauerhafte Arbeitsstellen für arbeitslose Menschen mit Schwerbehinderung geschaffen und besetzt werden. Zudem wurden über 70 neue betriebliche Ausbildungsstellen für junge Menschen mit Schwerbehinderung gefördert.

Inklusiver Sozialraum und Wohnen: Die Landesregierung fördert die Schaffung barrierefreier Wohnungsmöglichkeiten und die Entwicklung neuer unterstützender Wohnformen. Mit der Neuausrichtung der Wohnraumförderung konzentrieren sich die Maßnahmen auf die generationsgerechte Umgestaltung von Mietwohnungen in den Innenstadtbereichen der Brandenburger Städte. Mit der Aufzugsförderung konnte in den vergangenen vier Jahren der barrierefreie Zugang zu über 3.500 Wohnungen hergestellt werden. Außerdem konnte über die Mietwohnungsbauförderungsrichtlinie der generationsgerechte Umbau bzw. Neubau von fast 3.000 Mietwohnungen der Brandenburger Wohnungswirtschaft gefördert werden.

Barrierefreiheit – Mobilität, Kommunikation, Information: Immer mehr Broschüren und Antragsformulare der Landesverwaltung werden auch in Leichter Sprache für lernbeeinträchtigte Menschen angeboten. Im Bereich Stadtentwicklung und Wohnen sind die Förderprogramme des Infrastrukturministeriums nunmehr gänzlich an das Kriterium der Barrierefreiheit gekoppelt. Außerdem wurden mit dem Wettbewerb „Innenstadt! – Barrierefrei?“ gute Beispiele mit Nachahmungscharakter gewürdigt.

Gesundheit und Pflege: Von zentraler Bedeutung ist die Verbesserung des barrierefreien Zugangs zu Arztpraxen und Apotheken. Einen rollstuhlgerechten Zugang zur Praxis weisen nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg bislang rund 40 Prozent der Vertragsärzte in Brandenburg aus. Verschiedene Programme des Landes können dazu genutzt werden, um barrierefreie Standards in Praxen umzusetzen. 2012 hat das Gesundheitsministerium das Bündnis „Gesund Älter werden in Brandenburg“ initiiert, das wichtige Schnittstellen bei der Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen bearbeitet.

Tourismus, Kultur, Freizeit, Sport: Vom Wirtschaftsministerium wurde 2012 Barrierefreiheit als verbindliches Zugangskriterium für touristische Förderung festgeschrieben. Das auch bundesweit beispielhafte Internetportal www.barrierefrei-brandenburg.de mit über 800 touristischen Angeboten wird breit genutzt. Dazu wird die Broschüre „Brandenburg für alle – Barrierefrei reisen“ durch die Tourismusmarketing Brandenburg GmbH veröffentlicht.

Selbstbestimmtes Leben, Freiheits- und Schutzrechte: Zur Weiterentwicklung von Schutz- und Unterstützungsstandards wurden gezielte Fortbildungsveranstaltungen für Bedienstete des Landes durchgeführt. Insbesondere in den Bereichen Polizei und Justiz wurden große Fortschritte gemacht, wie mit neuen Ausbildungs- und Studieninhalten für den Polizeidienst zur besseren Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderungen. Zudem wurden in allen Behörden im Geschäftsbereich des Justizministeriums Ansprechpersonen für Menschen mit Behinderungen installiert.

Bewusstseinsbildung, Partizipation und Interessenvertretung: „Nichts über uns ohne uns“ ist ein wichtiges Grundprinzip der Landesregierung bei der Beteiligung von Menschen mit Behinderungen und deren Interessenvertretungen an politischen Entscheidungen. Das Brandenburgische Behindertengleichstellungsgesetz wurde 2013 neu gefasst. Zentrale Ziele des neuen Gesetzes sind die Bewusstseinsbildung, die Verbesserung der Durchsetzung des Diskriminierungsverbotes und Gleichstellungsgebotes sowie die Stärkung des Landesbehindertenbeauftragten und des Landesbehindertenbeirates. Mit verschiedenen Maßnahmen konnte die Umsetzung des Gesetzes zusätzlich gestärkt werden, wie der Vergabe des Inklusionspreises 2014, der Förderung der Werkstatträte und der Unterstützung von Projekten zur Gewaltprävention für Frauen mit Behinderungen in Einrichtungen.

In Brandenburg leben rund 480.000 Menschen mit Behinderungen, darunter 325.000 Menschen mit einer Schwerbehinderung.

Seit 2009 ist das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auch für Deutschland verbindlich. Mit der UN-Behindertenrechtskonvention werden erstmals die Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in einem völkerrechtlichen Vertrag konkretisiert. Danach wird Behinderung nicht länger vor allem unter medizinischen und sozialen Blickwinkeln betrachtet, sondern als Menschenrechtsthema anerkannt. Bund, Länder und Kommunen sind verpflichtet, die Ziele der UN-Konvention umzusetzen.

Der Abschlussbericht „Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Brandenburg“ ist als Broschüre veröffentlicht, die als Beitrag zur Barrierefreiheit auch vollständig in leichter Sprache geschrieben ist. Die Broschüre kann kostenfrei beim Sozialministerium bestellt werden: www.masgf.brandenburg.de. Dort steht sie auch zum Download als barrierefreie PDF-Datei zur Verfügung.

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Ident-Nr
055/2015
Datum
24.04.2015
Rubrik
Soziales