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Berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: Übergang aus Werkstätten in den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter verbessern

Kooperationsvereinbarung ergänzt und verlängert

- Erschienen am 23.09.2021 - Pressemitteilung 533/2021
Die Kooperationsvereinbarung unterzeichneten Sozialministerin Ursula Nonnemacher, LASV-Präsidentin Liane Klocek, Roland Seeger (Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte) und Frank-Michael Würdisch (Landesarbeitsgemeinschaft der WfBM)

Brandenburg will die Chancen für Menschen mit Behinderungen auf Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt weiter verbessern. Insbesondere sollen Beschäftigte, die in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) arbeiten, bei der beruflichen Teilhabe und beim Übergang in reguläre Arbeitsverhältnisse weiterhin besonders unterstützt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, haben heute (23.09.21) Sozialministerin Ursula Nonnemacher, Liane Klocek, Präsidentin des Landesamtes für Soziales und Versorgung (LASV), Roland Seeger, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg e.V., und Frank-Michael Würdisch, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg e.V., eine bestehende Kooperationsvereinbarung ergänzt und bis Ende 2022 verlängert. Die Unterzeichnung fand in den Christophorus-Werkstätten der Samariteranstalten in Fürstenwalde/Spree (Oder-Spree) statt.

In Brandenburg gibt es 28 anerkannte Werkstätten für behinderte Menschen, in denen rund 11.500 Menschen mit Behinderungen arbeiten. Alle Werkstätten sind Mitglieder der Landesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg (LAG WfbM). Jährlich wechseln rund 20 bis 25 Werkstattbeschäftigte in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigtenverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Circa 380 Werkstattbeschäftigte sind auf sogenannte ausgelagerten Arbeitsplätzen in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig, 30 Menschen mit Behinderung haben sich für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Budget für Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt entschieden, anstatt in einer Werkstatt zu arbeiten.

Sozialministerin Ursula Nonnemacher: „Arbeit ist weit mehr, als nur Geld zu verdienen. Arbeit bedeutet Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Menschen mit Behinderungen haben ein Recht auf eine gleichberechtigte und diskriminierungsfreie Arbeit. Werkstätten für behinderte Menschen leisten einen wichtigen Beitrag zur beruflichen Teilhabe. Sie bieten Akzeptanz, Verdienst und Sicherheit für Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Werkstätten bleiben deshalb auch in Zukunft unverzichtbar. Aber sie dürfen keine Einbahnstraße sein. Ich appelliere auch an alle Arbeitgeber, Menschen mit Behinderungen einzustellen. Viele zögern oder zahlen leider lieber die Ausgleichsabgabe, statt die gesetzlich vorgeschriebene Zahl von schwerbehinderten Menschen zu beschäftigten. Im Rahmen der neuen Kooperationsvereinbarung wollen wir daher auch explizit an Unternehmen herantreten, um neue und geeignete Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung zu schaffen.“

LASV-Präsidentin Liane Klocek: „Unsere Gesellschaft entwickelt sich zunehmend zu einer wissens- und technologiebasierten Dienstleistungsgesellschaft. Der demografische Wandel, aber auch die Corona-Pandemie haben Auswirkungen auf die Struktur der Arbeitsmärkte. Ziel muss es sein, dass der erste Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen erreichbar bleibt. Gesellschaftliche Inklusion bedeutet Zugang zu Bildung und zum Arbeitsmarkt sowie Teilhabe am Arbeitsleben. Werkstätten bieten Menschen mit Behinderungen eine angemessene berufliche Bildung und Beschäftigung. In Zusammenarbeit mit dem Integrationsamt setzen wir uns auch zukünftig dafür ein, dass Menschen mit Behinderungen eine faire Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt erhalten.“

Frank-Michael Würdisch, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen Brandenburg e.V. und Werkstattleiter der Christophorus-Werkstätten der Samariteranstalten: „Die Brandenburger Werkstätten für behinderte Menschen erbringen vielfältige und personenorientierte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung, die wegen Art und Schwere ihrer Beeinträchtigung (noch) nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten können. Menschen mit erheblichen Behinderung in den Werkstätten sind der einzige Personenkreis in Deutschland, der ein einklagbares Recht auf Arbeit hat. Werkstätten sichern durch ihre Leistungen diesen Rechtsanspruch und sind eine große sozialstaatliche Errungenschaft unserer Gesellschaft. Gemeinsam mit Betroffenen, Politik und Wirtschaft ist es in den vergangenen Jahren gelungen, unterstützte Beschäftigungsmodelle für den genannten Personenkreis auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu entwickeln. Zu nennen sind das Budget für Arbeit und die Unterstützte Beschäftigung. Nach Ansicht der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten Brandenburg e.V. ist es in einem weiteren Schritt notwendig, den betroffenen Menschen diese Modelle als echte Option bei der Auswahl ihrer selbstbestimmten Teilhabeform transparent anzubieten und durch praktische Erfahrungen sowie stabile zwischenmenschliche Beziehungen wählbar zu machen. Jeder einzelne Übergang eines Menschen mit Behinderung aus den Werkstätten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt bleibt, auch mit den unterstützenden Modellen, ein großer Erfolg, Die überwiegend große Mehrheit der in den Werkstätten beschäftigten Personen wird nach unserer Überzeugung auch künftig die geschützte Form der Teilhabe am Arbeitsleben in den Werkstätten beanspruchen und benötigen.“

Roland Seeger, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte Brandenburg e.V.: „Jeder, der in den ersten Arbeitsmarkt wechseln möchte, sollte diese Chance bekommen. Damit der Übergang gelingt, ist es wichtig, dass wir im Unternehmen respektiert werden – auch als Mensch.“

Mit der Kooperationsvereinbarung – eine Maßnahme des „Behindertenpolitischen Maßnahmenpakets 2.0“ der Landesregierung – sollen die beruflichen Teilhabeangebote für Menschen mit Behinderungen erweitert werden. So sollen Werkstattbeschäftigte mehr Möglichkeiten erhalten, sich für betriebsnahe Alternativen wie zum Beispiel Außenarbeitsplätze, betriebliche Praktika, dauerhaft ausgelagerte Arbeitsplätze bis hin zum schrittweisen Übergang in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung entscheiden zu können.

Die im Jahr 2017 geschlossene und nun erneuerte Vereinbarung wurde zudem um neue Maßnahmen ergänzt. So verpflichten sich die Kooperationspartner zum Beispiel, unter Einbeziehung ihrer jeweiligen Netzwerkpartner zusätzliche private und öffentliche Arbeitgeber für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu gewinnen. WfbM-Träger, die einen Inklusionsbetrieb ausgründen wollen, sollen zudem vom Integrationsamt beim LASV unterstützt werden. Für den Übergang aus einer Werkstatt in den regulären Arbeitsmarkt soll ein Verfahren entwickelt werden, das mit den zuständigen Rehabilitationsträgern abgestimmt wird. In den Werkstätten sollen außerdem separate Übergangsbereiche geschaffen werden, in denen Job-Coaches Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den regulären Arbeitsmarkt wechseln wollen, in speziellen Kursen gezielt auf diesen Schritt vorbereiten.

Die neue Kooperationsvereinbarung gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2022.