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Erfolgreiches Modellprojekt „biko“ vor dem Aus - Landesgleichstellungsbeauftragte fordert Übergangslösung von Bundesfamilienministerin

- Erschienen am 16.07.2019 - Pressemitteilung 112/2019

Die Praxisphase des Bundesmodellprojekts „biko - Beratung, Information, Kostenübernahme bei Verhütung“ endet am 31. Juli 2019. Damit stehen Frauen mit geringem Einkommen, die sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren auf eine gute und kostenlose Versorgung verlassen konnten, erneut vor Finanzierungsproblemen. Obwohl der Bedarf unstrittig ist und eine Lösung auf der Hand liegt, gelingt es dem Bund nicht, eine gute und kostenlose Versorgung mit Verhütungsmitteln für Geringverdienerinnen und arme Frauen zu gewährleisten. Diese sollen etwa aus dem Hartz IV-Regelsatz von 17 Euro für Gesundheitspflege bestritten werden. „Das ist absurd“, kommentiert Monika von der Lippe, Gleichstellungsbeauftragte des Landes Brandenburg. „Es hat doch keinen Sinn, Modellprojekte auf den Weg zu bringen und dann die Finanzierung zu beenden, obwohl sich das ganz konkret auf die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen auswirkt.“

„Der Landesverband Pro Familia Brandenburg und die Beratungsstelle in Ludwigsfelde haben das Modellprojekt biko - Beratung, Information, Kostenübernahme bei Verhütung" als einen der sieben bundesweiten Modellstandorte hervorragend aufgebaut, durchgeführt und nun zum Abschluss gebracht. Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen Beteiligten für den Enthusiasmus und die gute Arbeit. Umso mehr verwundert bin ich über das fehlende Verantwortungsbewusstsein des Bundesfamilienministeriums. Mit dem Modellprojekt biko wurde Frauen im Landkreis Teltow-Fläming, die wenig Geld haben, in den vergangenen zweieinhalb Jahren gute Beratung und ein niedrigschwelliger Zugang zu verschreibungspflichtigen, sicheren und gut verträglichen Verhütungsmitteln geboten. Dafür wurde viel Überzeugungsarbeit geleistet ein beeindruckendes Netzwerk aus Beratungsstellen, Ärztinnen, Apotheken und Multiplikatorinnen aufgebaut,“ so von der Lippe.

Die Geschäftsführerin der pro familia (Landesverband Brandenburg), Sandra Schramm, weist auf die Offenbacher Erklärung hin, die am 12. Mai 2019 von der pro familia Bundesdelegiertenversammlung beschlossen wurde: „Jeder Mensch hat das Recht auf Zugang zu frei gewählten, individuell passenden und zuverlässigen Verhütungsmethoden, ist die Hauptaussage der Erklärung. Das Biko-Projekt hat diese Forderung in den letzten zweieinhalb Jahren im Landkreis Teltow-Fläming verwirklicht. Die sexuellen und reproduktiven Rechte von Frauen sind die Basis einer gerechten Gesellschaft, doch ohne das Projekt werden sie wieder eingeschränkt.  Besonders schutzbedürftige Gruppen (Geflüchtete Frauen, Frauen mit Beeinträchtigung, Frauen mit Traumata etc.) laufen hier Gefahr, ihren Zugang zu Verhütung und Beratung zu verlieren. Die Hoffnung liegt deshalb auf einer schnellen bundesweiten Regelung.“

Der Bundesregierung ist der Bedarf bekannt. Nicht zuletzt hat der Bundesrat - auf Antrag der Bundesländer Niedersachsen, Brandenburg, Bremen und Thüringen - die Bundesregierung bereits im Dezember 2017 gebeten, eine bundeseinheitliche Regelung zur Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen mit geringen Einkommen auf den Weg zu bringen (Drucksache 617/17). Trotzdem will sich Bundesministerin Dr. Giffey monatelang Zeit lassen, um das Projekt ergebnisoffen auszudiskutieren. Nicht nur die betroffenen Frauen müssen darunter leiden, auch mit viel Energie und Leidenschaft aufgebaute Netzwerke werden sich in dieser Zeit wieder auflösen.

„Ich appelliere an Ministerin Dr. Giffey, zügig eine bundeseinheitliche Regelung zur Kostenübernahme von Verhütungsmitteln für Frauen mit geringem Einkommen auf den Weg zu bringen – nahtlos anknüpfend an das Modellprojekt, damit die Beratungsstrukturen ihre wertvolle Arbeit fortsetzen können. Frau Giffey, lassen Sie die Frauen nicht im Regen stehen und bieten Sie bis zur überfälligen bundeseinheitlichen Regelung eine Übergangslösung an!“, heißt es in einem Schreiben, dass Landesgleichstellungsbeauftragte von der Lippe an die Bundesgesundheitsministerin gesandt hat.