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Stellungnahme der Integrationsbeauftragten des Landes Brandenburg zu einem Diskriminierungsvorfall

Mit Bestürzung habe ich am Dienstag erfahren, dass in Brandenburg ein junger Mensch als Auszubildender abgelehnt wurde, weil er muslimischen Glaubens ist. Ich bin schockiert, dass ein Brandenburger Unternehmen derart islamophob und rassistisch auftritt. Eine solche Haltung widerspricht eindeutig dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 Grundgesetz. Demnach darf niemand aufgrund seiner Religion benachteiligt werden. In Deutschland kann jede Person ihre Religion frei ausüben, dieses Recht ist durch Artikel 4 im Grundgesetz geschützt. Die getätigten Aussagen sind klar verfassungswidrig und widersprechen den Grundsätzen unserer freiheitlichen, demokratischen Grundordnung. Ich bin bestürzt, dass einer unserer Mitbürger hier in Brandenburg eine solche Erfahrung machen musste.

Es haben mich in den letzten Tagen viele Mails von Menschen erreicht, die genau wie ich entsetzt von diesem Vorfall sind und ihre Sorgen über zunehmenden Rassismus in unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringen. Für dieses Engagement möchte ich mich sehr herzlich bedanken. Denen, die selbst von Rassismus und Diskriminierung betroffen sind und mir ihre Erfahrungen geschildert haben, möchte ich sagen, dass mir jede dieser Erfahrungen in der Seele weh tut und ich in meiner Arbeit alles dafür tue und tun werde, um gegen Rassismus und Diskriminierung einzutreten.

Auch ich bin der Meinung, dass es nicht ausreicht, sich zu empören. Neben dem persönlichen Einstehen für unsere Werte im Alltag braucht es auch fundierte Strukturen. In Brandenburg gibt es viele Angebote für von Diskriminierung und Rassismus betroffene Menschen: Die Opferperspektive bietet eine Antidiskriminierungsberatung an und im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz ist die Landesstelle für Chancengleichheit angesiedelt. Das Handlungskonzept Tolerantes Brandenburg engagiert sich inzwischen bereits seit 23 Jahren für eine lebendige und starke Demokratie, in der alle Bürgerinnen und Bürger in diesem Bundesland gleich behandelt werden und niemand diskriminiert wird.

Trotz allem haben wir immer noch nicht erreicht, dass dieses Ziel verwirklicht ist. Wir haben in Brandenburg wie an vielen anderen Orten in der Bundesrepublik Deutschland noch sehr viel zu tun, damit alle Menschen diskriminierungsfrei leben können.

Die Forderung, der ASG den Ausbildungspreis 2019 abzuerkennen, wurde vielfach an mich herangetragen. Wichtig ist mir klarzustellen, dass dieser Ausbildungspreis für die Qualität der Ausbildung verliehen wurde. Die Gesinnung des Unternehmers war zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. Er hat nicht den Ausbildungspreis der Integrationsbeauftragten bekommen, sondern den für seinen Kammerbezirk. Über eine mögliche Aberkennung entscheidet die Jury des Ausbildungspreises. Derzeit wird diese Angelegenheit sorgfältig geprüft und dann der Jury zur Entscheidung vorgelegt.

Für mich ist nicht wichtig, ob dieser Preis aberkannt wird oder nicht. Wichtig ist für mich, dass mit diesem Unternehmen in der Zukunft seitens des Landes Brandenburg nicht mehr zusammengearbeitet wird und dass es in Zukunft von jeglichen Preisen und Auszeichnungen ausgeschlossen wird.

Der junge Mann, um den es hier geht, wird gut begleitet und dabei unterstützt, eine andere und bessere Perspektive für sein Arbeitsleben aufzubauen.

Dr. Doris Lemmermeier                                     Potsdam, 15. Oktober 2020